Worte des Lebens

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König, Krieger, Liebhaber, Magier - der vierfache Weg
Zwischentöne am 15.11.2023 mit Kurt Buschmann (Saxophon) und Claus Kühner (Klavier)
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Geht durch unsere Hände, kommt aber her von Gott
Texte und Musik zum Thema "Segen"
Segen - Zwischentöne am 18.10.2023.pdf
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Zwischentöne 27.9.23 Matthias Claudius.
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Zwischentöne 31.5.23 "Ich war wohl klug, als ich dich fand"
Zwischentöne 31.5.23 ich war woh klug,
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Weißt du, wo der Himmel ist
Zwischentöne Weißt du wo der Himmel ist.
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18.4.22 Komm ins Offene!
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14.4.22 Nur eine Rose als Stütze
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12.4.22 Wachet und betet!
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9.4. 22 Glaubwürdigkeit und Hingabe
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6.4.22 Ein geistlicher Zwischenruf
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3.4. 22 Liebe dreifach
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31.3.22 Knoten lösen
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27.3.22 Der zerstörte Weinberg
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25.3.22 Gerechter Zorn
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17.3.22 Kyrie eleison !
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1. 3.22. Hoffnung üben!
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19.2.2022 Gewinnen und Verlieren
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15.2.22 Anders als ihr denkt!
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5.2.22 Heilsame Nähe
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31.1.22 Gott sieht das Herz an
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28.1.2022 Über das Wasser gehen
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Am 15. März gab es in der Reihe Zwischentöne Texte und Musik zum Thema "Heilungsgeschichten."
Die Text finden Sie hier.
Zwischentöne Heilungsgeschichten 15.3.20
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Am 1. Juni gab es in der Reihe Zwischentöne Texte und Musik zum Thema Himmel. Weißt du, wo der Himmel ist?

Die Texte dieses Abends finden Sie hier.

 

Gutes und Segen! Ihr Pastor Gerhard Bothe


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26. Januar 2022 Ein Mensch wie Brot
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24. Januar 2022 Ist es ein Wunder?
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19. Januar 2022 Werdet Vorübergehende!
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17. Januar 2022 Wirklich oder wahr?
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12. Januar 2022 Eine Tote wird auferweckt
12. Januar 2022 Eine Tote wird auferwec
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8. Januar 2022 Heilsame Berührung
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5. Januar 2022 Austreiberisch
Mein Gang durch das Markusevamgelium geht weiter!
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20. November 2021                                                                                

Sturmstillung II

 

Sie kennen vielleicht die Geschichte von dem Gespräch der Zwillinge im Mutterleib.

„ Glaubst du, dass etwas danach kommt?“ - „Weiß nicht, ist ja noch nie jemand zurückgekommen!"

 

Morgen feiern wir Totensonntag, oder, vielleicht doch besser: Ewigkeitssonntag. Wir zünden Kerzen für unsere Verstorbenen und nennen uns und Gott ihre Namen. Mir gefällt das Bild, dass das Sterben wie eine Geburt ist.
Wie bei der Geburt auch gibt es Wehen, manchmal weniger, manchmal schwer.

Dann kommt der Durchgang. Danach ist eine ganz andere Energie und Qualität im Raum,

wie verwandelt. „Die Schmerzen wie vergessen“, sagen viele Frauen nach der Geburt (nicht alle).

Angehörige, die eine Zeit mit einem verstorbenen Menschen verbracht haben, erleben es oft 

als einen heiligen Raum, bei aller Trauer erfüllt von tiefem Frieden.

Wo ich es so erlebt habe, erleben durfte, habe ich immer auch die Geschichte von der Sturmstillung

gedacht. So wie das Meer nach einem Sturm wieder ganz glatt sein, als wäre nie etwas gewesen.                                 

The storm is over.

 

Bei Martin Luther habe ich es so gefunden: 

Beim Sterben geht es zu, wie wenn ein Kind aus der kleinen Wohnung in seiner Mutter Leib

mit Gefahr und Ängsten geboren wird in diesen weiten Himmel und Erde, das ist unsere Welt.

Ebenso geht der Mensch durch die enge Pforte des Todes aus diesem Leben.

Und obwohl der Himmel und die Welt, darin wir jetzt leben, als groß und weit angehen werden,

so ist es doch alles gegen den zukünftigen Himmel so viel enger und kleiner, wie es der Mutter Leib

gegen diesen Himmel ist.

Aber der enge Gang des Todes macht, dass uns dies Leben weit und jenes eng dünkt.

Darum muss man das glauben und an der leiblichen Geburt eines Kindes lernen, wie Christus sagt:

„Ein Weib, wenn es gebiert, so leidet es Angst. Wenn sie aber genesen ist, so gedenkt sie der Angst nimmer,

dieweil ein Mensch geboren ist von ihr in die Welt.“ So muss man sich auch im Sterben auf die Angst gefasst

machen und wissen, dass danach ein großer Raum und Freude sein wird.

 

Ach ja, das Gesspräch von den Zwillingen im Mutterleib! Es endet so:

 „Auch wenn ich nicht genau weiß, wie das Leben nach der Geburt aussieht, bin ich sicher,

dass wir dann unsere Mutter sehen werden und sie für uns sorgen wird.“  

„Mutter!?... Du glaubst an eine Mutter? Und wo ist sie denn bitte?“ 

„Na hier, überall um uns herum. Wir sind und leben in ihr und durch sie. Ohne sie können wir gar nicht sein.“

„Quatsch! Ich habe noch nie etwas von irgendeiner Mutter bemerkt, also gibt es sie auch nicht.“ 

„Doch! Manchmal, wenn wir ganz still sind, kann ich sie singen hören. Oder spüren, wenn sie uns streichelt.

Ich bin völlig überzeugt, dass unser echtes Leben erst nach der Geburt beginnt.“

 

16. November 2021

Sturmstillung

 

Am Abend sagte Jesus zu seinen Jüngern: „Kommt, wir fahren zum andere Ufer hinüber!“                                         Dann stiegen sie ins Boot, in dem Jesus noch saß, und fuhren ab.

Da kam ein schwerer Sturm auf, so dass die Wellen über Bord schlugen.

Das Boot füllte sich schon mit Wasser. Jesus aber schlief im Heck des Bootes auf einem Kissen.                             Die Jünger weckten ihn und riefen: “Kümmert es dich nicht, dass wir untergehen?“                                               Da stand Jesus auf, bedrohte den Wind und befahl dem tobenden See: „Still! Gib Ruhe!“                                      Der Wind legte sich, und es wurde ganz still.  „Warum habt ihr solche Angst?“ fragte Jesus.                                    Habt ihr denn gar kein Vertrauen?“ MK 4, 35- 42

 

In meinem Urlaub auf den Kanarischen Inseln habe ich wieder besonders gern den oft ziemlich                                 hohen Wellen zugeschaut, wie sie an den Strand und die Molen schlagen. Vom sicheren Ufer aus!

Wenn man mitten im Sturm ist, fühlt es sich anders an, das wissen wir, auch wenn wir keine

Seefahrer*innen sind. Das Bild es Sturms lässt sich unschwer übertragen auf Krisenzeiten, aber auch                     auf alltägliche Anspannungen, Heraus- und Überforderungen, Unsicherheit und Sorge.

Ich denke an die gerade wieder täglich steigenden Coronazahlen, nur zum Beispiel.

In einem alten Gebet heißt es: "Gott, sei mir gnädig! Das Meer ist so groß und mein Boot ist so klein!“

Weil das so ist, ist mir diese Geschichte aus dem  Markusevangelium so lieb und so wichtig.

 

Die Jünger*innen sitzen alle in einem Boot. Mit ihrer Angst, ihrer Unsicherheit, dem Gefühl,

keinen sichereren Boden unter den Füßen zu haben. Vertrautes beginnt zu Schwanken.                                       „Wie lange noch?“ „Hilfe, wir gehen unter!“.

Und der Eine, in dem ihnen Gott begegnet und nahegekommen ist, scheint zu schlafen!

„Wach auf! Kümmert dich unser gefährdetes, zerbrechliches Boot denn nicht!“

Aber Er ist wach. Doch mit einer anderen Kraft. Er weiß auch, was Angst ist.                                                      Aber sein Gottvertrauen ist stärker, tiefer als alle Prognosen und sich manchmal  auch

widersprechende Aussagen über den Sturm. Auch dieses tiefe Vertrauen ist mit an Bord.

 

Ich habe alle diese Stimmen auch in mir. Meine tägliche Sorgenstimme.

Wie komme ich durch meinen Tag? Meine eigenen Unsicherheiten.

Menschen, von denen ich weiß, dass sie auf ihre Weise gerade in, manchmal sehr heftigen Stürmen

stecken. Manches, was ich über die Medien erfahre, ist zum Fürchten.

Die Stimmen reden durcheinander, eigentlich immer.

Eine übernimmt dabei jeweils die Führung, als spräche sie für die ganze Gruppe. Sie kennen das

bestimmt auch. Aber diese eine Stimme, die ganz anders ist, als die anderen, ist auch da!

Wenn ich den anderen Stimmen einmal entschieden und konzentriert sage: jetzt seid mal still!

– dann kann ich sie hören.

 

Ein mir wichtiger Meditationslehrer hat es uns immer wieder so gesagt:  

„Zwischen dem Ausatmen und dem erneuten Einatmen ist eine kleine Pause, jeweils ein Ort,

eine Zeit der Zuflucht. Die Wellen sind oben. Aber ich kann unter meinen Sorgen, meiner Unruhe

hindurchtauchen. Dort wartet Gott auf uns.“ Ich übe das.

 

Ich erinnere mich an einen Konfirmationsgottesdienst nach einer nicht immer leichten Konfirmandenzeit,

lange vor Corona, in dem der Chor ( ich glaube, es war schon GosBill)mit Begeisterung auf meinen Wunsch 

gesungen hat: „The storm is over! I can see the sunshine!“

Irgendwann ist jeder Sturm vorbei.

Ich grüße Sie und euch ganz herzlich! Gerhard Bothe

 

13. Oktober 2021

Frech acht die Liebe das Kleine

 

Und er sprach: Womit wollen wir das Reich Gottes vergleichen, und durch welches Gleichnis

wollen wir es abbilden? Es ist wie mit einem Senfkorn: Wenn das gesät wird aufs Land, so ist's

das kleinste unter allen Samenkörnern auf Erden; und wenn es gesät ist, so geht es auf und

wird größer als alle Kräuter und treibt große Zweige, sodass die Vögel unter dem Himmel

unter seinem Schatten wohnen können. Mk 4,30-32

 

Das Gleichnis vom Senfkorn wird gern für die religionspädagogische Arbeit mit Kindern genommen.

Die Winzigkeit eines Saatkorns und wie schon nach wenigen Tagen etwas daraus wird –

das bleibt für Kleine und Große immer wieder eindrucksvoll!

„Alles muss klein beginnen, lasst es nur Kraft gewinnen, dann wird es endlich groß!“

Das erleben Kinder an ihrem eigenen Leib, und wir an ihnen.

 

Das Gleichnis vom Senfkorn geht darüber hinaus. Es „achtet frech“alles Kleine!  (H. Luther).

Und weil so gut wie alles Neue klein beginnt, legt es sein Augenmerk auf alle Anfänge!

Wie wäre es, wenn ich mit diesem Bild des Senfkorns durch diese Woche, durch mein Leben gehe?

Das Unbeachtete wahrnehmen,die sprichwörtliche Blume am Wegesrand.

Aber auch Menschen darauf hin anschauen, dass in jeder und jedem sich, eigentlich in jedem Augenblick,

etwas Neues zeigen will.

Wo zeigt sich auch in meinem Leben diese Anfangskraft im Kleinen und wie kannich sie unterstützen,

würdigen, vielleicht sogar feiern?

 

Am Ende dieses selber  kleinen, aber so feinen Gleichnisses steht das archetypische Bild

einesLebensbaumes, unter dessen Zweigen die Vögel wohnen können. 

Aus Kleinem kann etwas Großes werden!

  

Ich leihe mir Worte und Bilder aus dem Blog meiner Kollegin Birgit Mattausch ( www.frauauge.blogspot.com)

 

Achte auf das Dazwischen. Auf die kleinsten Kleinigkeiten.

Wie still die Blumen in den Vorgärten sind.

Wie weich der neue Pullover. Wie freundlich die Briefträgerin.

Achte darauf, wie die Nachbarin aussieht, wenn sie „muss ja“ sagt.

Wie die Hand der Frau an der Supermarktkasse das Wechselgeld in deine Hand legt.

Achte auf den Schlag deines Herzens, wenn du eine Nachricht auf deinem Handy bekommst.

Vergiss nicht zu atmen.

Vergiss nicht, Zeit zu verbringen, mit denen, die du wirklich magst.

Rechne immer damit, dass das Reich Gottes eher jetzt ist als dann.

Es ist viel mehr da als fort.

Sei nicht zu hart mit dir selbst.

 

12. Oktober 2021

EINVERSTANDENSEIN

 

Ich habe heute eine Beerdigung, die mich berührt.                                                                                                                         Die jetzt im Alter von 82 Jahre Verstorbene hat bis zuletzt in ihrer eigenen Wohnung leben können.                                  „Sie hat nicht viel getan“, erzählen ihre Kinder, „nicht viel tun müssen.“                                                                                           Eine halbe Stunde  Singen am Tag, täglich ein Gedicht lesen, manchmal Besuch.

Oft und gern einfach nur da sein.                        

Als ihr Mann gestorben ist, sagt sie: „Ich bin traurig, aber einsam bin ich nicht!

Auch in schwierigen Zeiten beruhigt sie andere: „Das gehört so! Das darf so sein!“

Und gibt damit auch den Menschen um sie herum Erlaubnis und Zuversicht.

Was ist das für eine Kraft?

Obwohl ich die Verstorbene nicht gekannt habe, erreicht ihre Seelenhaltung auch mich.

„Sie konnte die Dinge annehmen und war ein Phänomen an Selbstgenügsamkeit.“

 

Ich nenne diese Kraft, die mich berührt: Einverstanden sein. 

Der Schriftsteller Joachim Ernst Behrendt hat einmal über dieses Einverstanden sein eine eigene                                    Meditation geschrieben. Dass es darin um das Sein geht und nicht das Haben. 

Dass es eine Erfahrung von eins voraussetzt, dem einen Urgrund und auch mit sich selbst eins sein. 

Dass es eine Gnade ist, in diesem Einssein zu stehen. Ein -verstanden - sein.

 

Es ist mein heutiger Nachklang zu dem Gleichnis von dem Sämann und der selbstwachsenden Saat.

Was für eine Kraft, nicht alles bewerkstelligen und beherrschen zu wollen! Sondern die Saat aufgehen

und das Leben sich entfalten zu lassen in seiner eigenen Zeit!


Zu Zeiten ist es, glaube ich, wichtig, sich an diese Weisheit des Handelns durch Nichthandeln zu erinnern. 

Gibt es nicht „viel zu viele besinnungslose Taten, die den Atem der Welt beklemmen? 

(Erhart Kästner in seinem „Zeltbuch von Tumilat“)

Franz Kafka notiert in einem seiner persönlichen Aphorismen für sich selbst: „Es ist nicht notwendig,

dass du aus dem Haus gehst. Bleib bei deinem Tisch und horche. Horche nicht einmal, warte nur.

Warte nicht einmal, sei völlig still. Dann wird sich dir die Welt anbieten und sich vor dir winden, vor Entzücken.“

 

Von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre. Wenn aber die Frucht reif ist, so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da. Einverstanden sein.

 

9. Oktober 2021

VERTRAUEN

 

Und er sprach: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft und schläft und steht auf, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst – er weiß nicht wie. Von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre. Wenn aber die Frucht reif ist, so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da. Mk 4,26-29

 

Wenn ich mir ein Gleichnis für ein ganzes Leben aussuchen würde, dann dieses. Es ist so einfach und dabei doch tief genug, um ein ganzes Leben darüber zu meditieren und damit vergehen. Einfach Vertrauen! Es ist nicht so, dass der Mensch in diesem Gleichnis nichts tut. Er tut das seine, er sät, so gut er es kann. Aber der Rest ist Vertrauen! Wir pflügen und wir streuen, es geht durch unsere Hände, aber der Segen kommt von Gott. (M. Claudius) Schläft und steht auf, Nacht und Tag – das tiefe Vertrauen, dass es wird, dass da schon etwas wachsen wird, dass es eine Ernte geben wird, verbindet sich hier mit einem heilsamen Rhythmus: Einatmen und ausatmen! Loslassen können und gleichzeitig einen langen Atem haben. Was Gott sich vorgenommen/ und was er haben will,/ das muss doch endlich kommen/ zu seinem Zweck und Ziel.  (P. Gerhardt gut lutherisch in dem Lied Befiehl du deine Wege)

 

Wir kommen mit unterschiedlich viel Urvertrauen zur Welt. Ich glaube: ich mit nicht so viel. Aber auch das Vertrauen kann auf dem Lebensweg wachsen! Wie ist das bei Ihnen? Für mich ist dabei Selbstvertrauen, Gottvertrauen und anderen Menschen vertrauen können nicht so weit voneinander entfernt.

 

In einer Collage ist in die biblische Geschichte eine kleine Meditation eingebaut. Fünf Schritte für ein bisschen mehr Gelassenheit.Vielleicht haben Sie Freude daran!

 

Und Jesus sagte: Mit dem Reich Gottes ist es wie bei einem Bauern:  Ein Mensch streut Körner auf das Land, dann legt er sich schlafen und steht wieder auf - tagaus, tagein. Ein Mensch ist zu Gast in einem Kloster. Er geht im Garten spazieren. Er setzt sich auf eine Bank. Nach einer Weile setzt sich einer der Mönche zu ihm. Eine Zeitlang schweigen sie.

Es ist still, nur die Vögel hört man singen. Dann fragt der Gast den Mönch: „Ich möchte gern ein geistliches Leben führen, so wie sie, nur außerhalb des Klosters. Sagen Sie mir bitte: Was ist dabei wichtig?"Der Mönch lächelt. Dann antwortet er: „Schlaf ist wichtig, Bewegung, Gebet; die Beziehung zu anderen Menschen

und Arbeit. Und das alles genau in der Reihenfolge. " Und die Saat geht auf und wächst — der Mensch weiß nicht wie. Ganz von selbst bringt die Erde die Frucht hervor. Zuerst den Halm, dann die Ähre, zuletzt den reifen Weizen in der Ähre. Wenn die Frucht reif ist, schickt er sofort die Erntearbeiter los, denn die Erntezeit ist da.

 

Heute ist die Geschichte besonders für Gisela & Robert. Sie feiern heute in Jubilate ihre Goldene Hochzeit. Wir gratulieren. Weiterhin Euch beiden viel Vertrauen  auf Gottes Segen!

 

7. Oktober 21

It´s too late to stop now

 

Und er sprach zu ihnen: Zündet man denn ein Licht an, um es unter den Scheffel  zu setzen?  Und nicht, um es auf den Leuchter zu setzen? 2 Denn es ist nichts verborgen, das nicht offenbar werden soll, und ist nichts geheim, das nicht an den Tag kommen soll. Wer Ohren hat zu hören, der höre! Und er sprach zu ihnen: Seht zu, was ihr hört! Mit welchem Maß ihr messt, wird man euch zumessen, und man wird euch noch dazugeben. Denn wer da hat, dem wird gegeben; und wer nicht hat, dem wird man auch das nehmen, was er hat. Mk 4, 21, 25

 

Es mussen  schon am Anfang des Weges Jesu, ( nach erst vier Kapiteln des Markusevangedliums!) Stimmen im Kreis um Jesus lautgeworden sein, dass es vielleicht doch besser wäre, sich zu mäßigen, in kleineren Schritte voranzugehen, um die zunehmenden Anfeindungen zu entgehen. Heilungen am Sabbat, Mahlgemeinschaft mit den Ausgestoßenen, die Relativierung altvertrauter Gebote –  ist das nicht zu viel für die Menschen? Jesus antwortet mit dem Bild vom Licht und dem Scheffel. Ich habe bisher immer gedacht, ein Scheffel würde ein Licht nur verbergen, dimmen sozusagen. Aber im damaligen Gebrauch des Bildes ist es noch radikaler. Man zündet kein Licht an, um es gleich wieder auszulöschen.

 

It`s too late to stop now! heißt ein zu Recht gerühmtes Live-Album des irischen Songpoeten Van Morrison. Es ist zu spät, um jetzt aufzuhören!  Das mag man, wie so oft in der Rockmusik, erotisch verstehen, aber es gilt für alle Lebensprozesse, in denen  sich eigene Begeisterungsfähigkeit zeigt, und leider, oft auch versteckt und  noch verbirgt. Aber die Glut ist da, es könnte daraus ein Lebensfeuer werden. Und - so ist der etwas schwierige nächste Satz wohl zu verstehen: Was offenbar werden und sich zeigen will, kommt sowieso ans Licht. Warum also nicht jetzt und heute!          Also messt nicht mit zu kleinem Maß – sondern lasst euer Licht leuchten! Der folgende Text ist von Marianne Williamson, Nelson Mandela hat ihn oft zitiert. Es war ja auch sein Lebensthema. Auch in Südafrika war der Widerstand gegen die Apartheid schon zu weit fortgeschritten, um jetzt aufzuhören. It`s too late to stop now!

 

Wir sind alle dazu bestimmt zu leuchten

 

Unsere tiefgreifendste Angst ist nicht, dass wir ungenügend sind. Unsere tiefgreifendste Angst ist, über das Messbare hinaus kraftvoll zu sein. Es ist unser Licht, nicht unsere Dunkelheit, die uns am meisten Angst macht. Wir fragen uns, wer bin ich, mich großartig, talentiert, phantastisch zu nennen? Aber wer bist Du, Dich nicht so zu nennen? Du bist ein Kind Gottes. Dich selbst klein zu halten, dient nicht der Welt. Es ist nichts Erleuchtetes daran, sich so klein zu machen, dass andere um Dich herum sich nicht unsicher fühlen. Wir sind alle bestimmt, zu leuchten, wie es die Kinder tun. Wir sind geboren worden, um den Glanz Gottes, der in uns ist, zu manifestieren. Er ist nicht nur in einigen von uns, er ist in jedem Menschen. Und wenn wir unser Licht erscheinen lassen, geben wir unbewusst den anderen Menschen die Erlaubnis, dasselbe zu tun. Wenn wir von unserer eigenen Angst befreit sind, befreit unsere Gegenwart automatisch andere.

 

5. Oktober 2021

Die vierfache Saat

 

Und er fing abermals an, am Meer zu lehren. Und es versammelte sich eine so große Menge bei ihm, dass er in ein Boot stieg, das im Wasser lag, und er setzte sich; und alles Volk stand auf dem Lande am Meer. Und er lehrte sie vieles in Gleichnissen; und in seiner Predigt sprach er zu ihnen: Hört zu!  Siehe, es ging ein Sämann aus zu säen. Und es begab sich, indem er säte, fiel etliches an den Weg;da kamen die Vögel und fraßen es auf. Anderes fiel auf felsigen Boden, wo es nicht viel Erde hatte, und ging bald auf, weil es keine tiefe Erde hatte. Da nun die Sonne aufging, verwelkte es, und weil es keine Wurzel hatte, verdorrte es.  Und anderes fiel unter  die Dornen, und die Dornen wuchsen empor und erstickten es, und es brachte keine Frucht. Und all das Übrige fiel auf das gute Land, ging auf und wuchs und brachte Frucht, und einiges trug dreißigfach und einiges sechzigfach und einiges hundertfach. Und er sprach: Wer Ohren hat zu hören, der höre! Mk 4, 1-9

 

Das erste Mal erzählt Jesus hier ein Gleichnis! Wie interpretiert man ein Gleichnis?  Das Markusevangelium scheint direkt im Anschluss an das Gleichnis die Auslegung gleich mitzuliefern. Die Saat ist das Wort Gottes, nicht alle Missionsbemühungen sind vom Erfolg gekrönt. Wer möchte, kann den unterschiedlichen Bodenbedingungen verschiedene Weisen zuordnen, wie Menschen auf das Wort Gottes reagieren. Auch alles, was hier aufgezählt wird, in sich selbst wiederzufinden, ist möglich. Das Gleichnis als Charakterkunde oder zur Selbstbefragung - kann man machen!

 

Ich stehe dieser Eins zu Eins -Übertragung von Jesusgleichnissen skeptisch gegenüber. Eine gute Geschichte, finde ich, ist immer mehrdeutig und bleibt darin offen! So wie Max Frisch einmal auf die Frage nach dem Inhalt eines Romans in wenigen Sätzen geantwortet hat: „Wenn das so einfach wäre, hätte ich ihn nicht zu schreiben brauchen!“In diesem Sinn finde ich das Gleichnis vieldeutiger als die nachfolgende Erklärung (die von vielen Ausleger*innen auch für einen nachträglichen Einschub der jungen Kirche gehalten wird.)

 

Ich habe am Erntedanktag das Gleichnis von der vierfachen Saat gewählt, weil es für mich zu meinem Gottesdienstthema Vertrauen und vertrauenswürdig zusammenstimmte. Eine Konfirmandin wurde nachkonfirmiert. Ich habe die Frage gestellt, ob sie, ob wir den Zustand unserer Welt und unsere Zukunft noch vertrauenswürdig finden können? In diesem Zusammenhang lese ich das Gleichnis von der vierfachen Saat als eine Geschichte gegen die Angst und für Zuversicht.Dass das Gleichnis dabei keine Idylle malt und die Dornen nicht verschweigt, macht es für mich erst vertrauenswürdig! Nicht alles, was wir versuchen, gelingt, nicht jede Saat geht auf. Aber - sagt das Gleichnis -  vieles bringt doch Frucht!!  Wohlmöglich viel mehr als du denkst. Auch gegen den ersten Augenschein. Es lohnt sich also, weiterhin, in die Zukunft hinein zu säen - und, in den eigenen Möglichkeiten, gute Saat zu sein!  

 

1.Oktober 2021

Familie und Wahlverwandtschaft

 

Und er ging in ein Haus. Und da kam abermals das Volk zusammen, sodass sie nicht einmal essen konnten.                 Und als es die Seinen hörten, machten sie sich auf und wollten ihn ergreifen; denn sie sprachen: Er ist von Sinnen!
Mk 3, 20-21

Und es kamen seine Mutter und seine Brüder und standen draußen, schickten zu ihm und ließen ihn rufen. Und das Volk saß um ihn. Und sie sprachen zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder und deine Schwestern draußen fragen nach dir. Und er antwortete ihnen und sprach: Wer ist meine Mutter und meine Brüder?  Und er sah ringsum auf die, die um ihn im Kreis saßen, und sprach: Siehe, das ist meine Mutter und das sind  meine Brüder!  Denn wer Gottes Willen tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter.

Mk 3, 31-35

 

Die provozierende Freiheit, die Jesus gegenüber, nicht zuletzt auch religiösen, Traditionen und eingeübten Lebensweisen verkündet und lebt, gefällt nicht allen. Das gilt nicht nur für die Pharisäer, sondern für seine Familienbeziehungen auch. Seine eigene Familie hält ihn buchstäblich für verrückt!  Warum gibt er seinen sicheren Stand als Zimmermann in Nazareth aus für eine zweifelhafte Freiheit auf der Straße, dazu noch unter zweifelhaften Menschen?

 

„Jesus in schlechter Gesellschaft“ – so heißt ein Buch des kritischen Theologen Adolf Holl, in dem er  kenntnisreich darlegt, wie wenig Jesus in seiner Lebensweise zu unseren gängigen bürgerlichen Vorstellungen  passt. So ist auch sein Verhältnis zu seiner Familie, gerade für orientalische Vorstellungen, im höchsten Maße unüblich und prozierend. Seiner Mutter und seinen Brüdern (von seinem Vater ist gar nicht mehr die Rede) begegnet er mit schroffer Zurückweisung.  Stattdessen deutet er auf den Kreis der Menschen, die jetzt zu ihm gehören und die mit ihm „Gottes Willen tun.“ Dies sei jetzt seine neue Familie!

 

Da ist kein Platz für eine unkritische und pseudochristliche Familienideologie. Aber eine grundlegende Ablehnung        von Familie kann man daraus aus meiner Sicht genauso wenig ableiten.

Ich denke, es geht Jesus auch hier wieder um die Freiheit! So wichtig und in vielem auch unverzichtbar Familie                  auch ist – sie soll dich doch nicht einengen und festhalten.

 

Über beides, die lebensförderliche und die einengende Seite von „Familienbanden“ kann sicher jede und jeder                 von uns viel erzählen. Damit sind wir ein Leben lang unterwegs, keine Frage.                                                                      Umso wichtiger, dass Jesus unserer Freiheit den Rücken stärkt!

 

Soll nun die christliche Gemeinde die neue Familie sein?                                                                                                              Da wäre ich vorsichtig, im Zweifelsfall ist sie dann wieder genauso eng!                                                                                   Ich mag das Wort aus dem gleichnamigen Roman von Goethe: „Wahlverwandtschaften.“                                 Familienverwandtschaft bekommt man mit, Wahlverwandtschaften sucht man/frau sich aus nach frei gelebten Vorlieben und Geisteshaltungen. Mit wem fühlen Sie sich auf diese Weise verwandt?

 

26. September 2021

Gebote übertreten – um des Lebens willen

Und er ging abermals in die Synagoge. Und es war da ein Mensch, der hatte eine verdorrte Hand.                                           Und sie gaben acht, ob er ihn am Sabbat heilen würde, damit sie ihn verklagen könnten.                                                      Und er sprach zu dem Menschen mit der verdorrten Hand: Steh auf und tritt in die Mitte!

Und er sprach zu ihnen: Was ist am Sabbat erlaubt: Gutes tun oder Böses tun, Leben retten oder töten?                           Sie aber schwiegen still.

Und er sah sie ringsum an mit Zorn, betrübt über ihr erstarrtes Herz, und sprach zu dem Menschen:                                  Strecke deine Hand aus! Und er streckte sie aus; und seine Hand wurde wieder gesund.                                                      Und die Pharisäer gingen hinaus und hielten alsbald Rat über ihn mit den Anhängern des Herodes,                                      dass sie ihn umbrächten.  Mk 3, 1-6

 

Die Motive wiederholen sich. So, als wollte Markus, dass wir sie wiedererkennen.                                                                  Wieder holt Jesus einen Menschen in die Mitte. Wieder geht es um Lähmung.                                                                       Diesmal um eine „verdorrte“ Hand. Nicht mehr Handeln können oder mögen.                                                                      Kann es sein, dass diese Lähmung der Tat-Hand schon etwas mit zu vielen Geboten und Verboten zu tun                            hat,  ob sie nun aus der Erziehung, überkommenen Traditionen kommen oder selbstauferlegt sind?                                      „Was ist am Sabbat erlaubt: Leben retten oder töten?“

Für Jesus ist die Antwort klar, er ermuntert den Mann mit der gelähmten Hand, seine Hand

endlich auszustrecken. Und er heilt ihm - auch, und in dieser Gemengelage vielleicht gerade,  am Sabbat!

 

Was Leben heilt und rettet, steht über den Geboten.                                          

 Das macht Gebote nicht grundsätzlich unnötig - Gebote sind in vielen Situationen lebensförderlich -

aber es relativiert sie.Was das Leben unbedingt braucht, ist Großzügigkeit.

Gegenüber anderen Menschen - wenn man/frau es von Haus aus nicht gelernt hat, auch gegenüber sich selbst.

Gott will Barmherzigkeit und keine Opfer, zitiert Jesus an anderer Stelle den Propheten Hosea.

Großzügigkeit, das heißt, Barmherzigkeit auch Regeln und Geboten gegenüber, ist auch ein Name Gottes.

 

In dieser frühen Szene im Markusevangelium beraten die Gegner Jesu das erste Mal über seinen Tod.

Sie halten diese lebensförderliche Großzügigkeit und  Relativierung der aus ihrer Sicht heiligen Geboten

nicht aus.Auch nicht, dass Jesus so klar sieht, dass sie nicht nur eine verdorrte Hand haben,

sondern längst ein „erstarrtes Herz“.  

 

Es ist eine bittere Ironie, dass diese lebensfeindliche Beratung über den Tod eines Menschen ausgerechnet

an einem Sabbat stattfindet!

 

Gibt es Gebote in Ihrem Leben, die Ihnen schon längst nicht mehr gut tun?

Vielleicht wäre es an der Zeit, sie einmal zu brechen. Dem Leben, Ihren Lebens  zuliebe!.

 

23. September 2021

Ährenraufen am Sabbat

 

 Und es begab sich, dass er am Sabbat durch die Kornfelder ging, und seine Jünger fingen an,                                         während sie gingen, Ähren auszuraufen. Und die Pharisäer sprachen zu ihm: Sieh doch!                                                Warum tun deine Jünger am Sabbat, was nicht erlaubt ist? Und er sprach zu ihnen:                                                           Habt ihr nie gelesen, was David tat, da er Mangel hatte und ihn hungerte, ihn und die bei ihm waren:                                      wie er ging in das Haus Gottes zur Zeit des Hohenpriesters Abjatar und aß die Schaubrote,                                                 die niemand essen darf als die Priester, und gab sie auch denen, die bei ihm waren?                                                           Und er sprach zu ihnen: Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht                                                                              und nicht der Mensch um des Sabbats willen.

So ist der Menschensohn Herr auch über den Sabbat. Mk 2, 23 -28

 

Vom Ährenraufen am Sabbat gab es im Gemeindehaus in der Billstedter Hauptstraße im Treppenhaus                                ein Gemälde im Stil des 19. Jahrhunderts: Christus mit wallenden Haaren und seine Jünger, mitten                                    in einem wogenden, sommerlichen Weizenfeld. Das Bild hat mein geschätzter damaliger Kollege                                   Michael mitgenommen. Er war der erste, der mehr darin gesehen hat. In all seinem Kitsch hatte                                        die Szene doch eine wohltuende Leichtigkeit und eben auch eine wichtige Botschaft:                                                            Es gibt Wichtiges als Regeln und Gebote! Der Sabbat – alle Regeln und Gebote, ob sie nun von außen                                kommen oder aus dem eigenen Innern, sollten darauf überprüft werden, ob sie dem Leben dienen,                                      ob sie menschenfreundlich sind.

 

Die Sabbatgebote zur Zeit Jesu waren extrem streng und ein besonderes Augenmerk der Gruppe                                     der Pharisäer. Einen Menschen, der in eine Grube gefallen war, durfte man am Sabbat nur heraushelfen,                         wenn es um Tod und Leben war; einen Arzt nicht zu Rate ziehen. Ob man ein Ei essen durfte, das ein Huhn                          am Sabbat gelegt hatte, wurde von der Allerfrommsten ernsthaft diskutiert!

 

Es ist leicht, sich von heute aus darüber zu mokieren.

 Bedenken kann man allerdings, dass der Sabbat als heiliger Ruhetag gerade in damaliger Zeit eine große                          und historisch einmalige, geradezu revolutionäre Errungenschaft und Kostbarkeit war!                                                          So etwas hatte es gerade für die einfachen, armen Leuten nie gegeben.                                                                                   Der Sabbat hat bis heute im jüdischen Leben eine ganz andere Bedeutung als der Kampf um unsere                         Sonntagsruhe, den wir ehrlicherweise längst verloren haben.

 

Man kann sich auch fragen, ob nicht jede und jeder von uns innere Ordnungen und Gesetze,                                                manchmal ganz eigene Gebote und selbstauferlegte Einschränkungen hat, die auch längst nicht mehr                  lebensförderlich sind. Schauen Sie doch mal, ob und was Sie da finden!

 

Wenn die Sabbatruhe etwas Revolutionäres war und ist, dann ist das, was Jesus hier sagt, nicht weniger                  revolutionär! Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats!                        Auch das ist in dieser Radikalität eine neue und immer noch nicht von uns, auch nicht von unseren                              Religionen  eingeholte Entdeckung.

Religion soll den Menschen guttun und ihn entlasten – das Leben ist schwer genug!

Gottesdienstformen müssen sich daran messen lassen, ob sie Menschen ansprechen –

Gott braucht sie nicht! Wenn wir im Bibelkreis biblische Texte gemeinsam lesen, dann nicht,

damit wir mit unserem Leben diese Texte ausleuchten, sondern damit die alten Texte unser Leben

in neues und hoffentlich befreiendes Licht setzen. Und so fort. Verstehen Sie, was ich meine?

 

22. September 2021

Neuer Wein in neue Schläuche

 

Niemand füllt neuen Wein in alte Schläuche; sonst zerreißt der Wein die Schläuche,                                            

und der Wein ist verloren und die Schläuche auch;                                                                                                                   sondern man füllt neuen Wein in neue Schläuche. (MK 2,21)

 

Jetzt finde ich wieder Zeit, meinen Gang durchs Markusevangelium fortzusetzen.                                                                 Ich / wir sind ja immer noch erst im 2. Kapitel! Dennoch ist mir ein Vers aus dem letzten Abschnitt noch so nachgegangen, dass er mir einen weiteren Eintrag wert ist.                                                       

Keinen neuen Wein in alte Schläuche!  Ich finde das ein starkes Bild.

 

Zur Zeit Jesu musste der neue, noch gärende Wein immer in neue Schläuche gefüllt werden.                                             Die aus zusammengenähten, gegerbten Ziegenfellen hergestellten Schläuche waren nur dann brauchbar,                           wenn die Tierhäute neu, anpassungsfähig und geschmeidig waren. Sonst konnte es geschehen,                                      dass durch den weiter gärenden Wein die brüchigen Schläuche aufrissen und zerplatzten.

 

"Warum hältst du dich nicht an die hergebrachten Regeln und Ordnungen!", fragen die Pharisäer Jesus.                            "Anstatt zu fasten, feierst du Partys mit zwielichtigem Gesindel!"                                                                                              "Nun", sagt Jesus mit dem Bild von dem neuen Wein und den dafür erforderlichen neuen Schläuchen:                                 "Ich bringe Neues in die Welt! Einen neuen Geist – und der braucht auch andere Formen!"

 

„Jungen Wein in alte Schläuche füllen“ hingegen beschreibt etwas, das nicht grundlegend erneuert                                  und nur halbherzig umgestaltet wurde heißt es im Duden.

Ich denke daran, dass wir am Sonntag wählen werden und wie enttäuschend ich diesen Wahlkampf fand.                           Wir brauchen auf so vielen Gebieten so dringend neuen Wein in neuen Schläuchen.                                                            (Egal ob man Wein liebt oder nicht – er steht auch für Kraft der Begeisterung und Vision!)                                                    Es bräuchte eine noch viel klarere Ansage, um die fortdauernde Zerstörung unseres Planeten noch aufzuhalten                 und es bräuchte meines Erachtens auch dringend neue Formen des politischen Umgangs.                                           Stattdessen wartet man weiter vor allem auf die Fehler des „Gegners“, um sie dann rücksichtslos auszuschlachten,         die Medien machen mit. Konstruktiv ist das nicht, und allemal mehr Schein als Sein.

 

Nun gebe ich zu, dass ich, zumindest körperlich, auch schon zu den alten Schläuchen gehöre.                                          Wie lernfähig und neugierig auf die Zukunft bin ich noch? An welchen Stellen bin ich bereit,                                                von den Jüngeren zu lernen? Ob es nun die Generation meines Sohnes ist oder die noch viel Jüngeren  -                       Jesus macht sie zum Vorbild – die Kinder.

 

Kinder können noch staunen, neugierig sein. Sie erwarten noch „Zeichen und Wunder“.                                                          Das gleichnamige Kunstprojekt in unserer Gemeinde in der letzten Woche war ganz sicher -                                                und wie ich finde, ein sehr gelungener und eindrucksvoller -  Versuch von neuem Wein in neuen Schläuchen.                      Nach so einem Fest kehrt wieder Alltag ein – aber etwas von dem Neuen bleibt und geht weiter  mit!

 

14. September 2021

Ein Fest ohne Ende

 

Ich erinnere mich gern an Wochen des Schweigens in Taizé. Für die Schweigewochen der Männer

hatten die Brüder ein stimmungsvolles, französisches Steinhaus mitten im Dorf. Das schlichte

und dennoch festliche Essen im Garten in schweigender Gemeinschaft, die Barockmusikim Hintergrund,

sommerliche Spaziergänge in der Umgebung, Sprechen mit den Pflanzen und mit der eigenen Seele.

Ich war jung, ich war glücklich. "Schau, so kann Leben also auch sein!

Leben aus der eigenen und der gemeinsamen Mitte. Wenig Haben - viel Sein.

 

Frère Roger, der damals noch lebte, hat es verkörpert und vorgelebt.

Eine tiefe, mystische Freude ging von ihm aus und  auf andere über.                                                                                           In dir ist Freude, singen wir gern in unserer Kirche.

Ich höre in meinem Innern noch die tiefe und zärtliche Stimme von Frère Roger, wenn er gebetet hat:                          Christus, ohne dich je gesehen zu haben, lieben wir dich!

 

Wenn das Fest unter den Menschen aufhörte…

Wenn wir eines Morgens in einer gut organisierten, funktionellen, satten Gesellschaft, die aber                                          bar jeder Spontanität ist, erwachten…

Wenn das Gebet der Christen ganz und gar Sache des Verstandes würde, dass es keinen Sinn                                           für das  Mysterium, für die Poesie mehr kennen würde, so dass für das Beten des Leibes,                                                    für Intuition, für das  Gemüt kein Platz mehr vorhanden wäre…

Wenn das gedrückte Bewusstsein der Christen eine Seligkeit ablehnte, die der anbietet,                                                       der auf dem Berg  der Seligpreisungen siebenmal sagt: Selig sind…

Wenn die Menschen der nördlichen Welthälfte erschöpft von all den Anstrengungen die Quelle                                          aus den Augen  verlören, aus der sie den Geist des Festes schöpfen, das noch unter den Menschen                                    der südlichen  Welthälfte  lebendig ist… (aus Frère Roger: Ein Fest ohne Ende)

 

Zwei Menschen, die mir sehr nah sind, haben heute Geburtstag.

Ich denke und bete zu ihnen hin und wünsche ihnen Freude!

 

13. September 2021

Fasten oder Festzeit?

 

Die Jünger des Johannes und die Pharisäer fasteten viel. Und es kamen etliche, die sprachen zu ihm:                       Warum fasten die Jünger des Johannes und die Jünger der Pharisäer, aber deine Jünger fasten nicht?                           Jesus sprach zu ihnen: Wie können die Hochzeitsgäste fasten, während der Bräutigam bei ihnen ist?                               Solange der Bräutigam bei ihnen ist, können sie nicht fasten. Es werden aber Tage kommen, da der                            Bräutigam von ihnen genommen ist; dann werden sie fasten, an jenem Tage.                                                                  Niemand flickt einen Lappen von neuem Tuch auf ein altes Kleid; sonst reißt der neue Lappen vom alten ab                       und der Riss wird ärger. Und niemand füllt neuen Wein in alte Schläuche; sonst zerreißt der Wein die Schläuche,                und der Wein ist verloren und die Schläuche auch; sondern man füllt neuen Wein in neue Schläuche. Mk 2, 18- 22

 

Fasten oder Festzeit, habe ich diese Verse überschrieben. Was ist für Sie gerade dran?

Das Fasten, die Zurücknahme elementarer Bedürfnisse zugunsten einer Konzentration auf das Wesentliche                        hat seine Zeit und kommt in allen religiösen Traditionen vor.                                                                                                    Auch Jesus war damit vertraut, 40 Tage in der Wüste!                                                                                                                       Er kannte ja selbst Phasen des Rückzugs und des freiwilligen Verzichtes.                                                                              Trotzdem ist seine Zeitansage an dieser Stelle eine ganz andere.

 

JETZT bin ich da! sagt er eindringlich. Ich bin der Bräutigam und ihr seid die Hochzeitsgäste!

Jetzt ist Hoch-Zeit, Zeit des Festes, der Verbindung und der Fülle.                                                                                                In mir verbinden sich Gott und Mensch, und wenn ihr mir nachfolgt, auch in euch!

 

Wenn Fasten von seinem Ursprung oft mit Trauer einhergeht (dann will man/frau vielleicht gar nichts essen) –              ist das Leben, wie Jesus es begreift und lebt, eher wie ein ständiges Fest. In seinen Höhen - aber vielleicht                        in seinen Tiefen auch. Verpass es nicht! Hiersein ist herrlich! (Rilke).

 

 In meinem Corona – Blog 2021 habe ich (ausgerechnet in der Karwoche) die amerikanische Dichterin                        Mary Oliver zitiert:                                                                                                                                                                                Wenn es vorbei ist, dann möchte ich sagen: mein ganzes Leben lang war ich eine Braut,                                                      die vermählt war  mit dem Staunen; war ich der Bräutigam, der die Welt in seine Arme nimmt.                                        Wenn es vorbei ist, dann will ich mich nicht fragen, ob ich aus meinem Leben etwas gemacht habe,                                   was eigen ist und wirklich. will mich nicht finden voller Reue, Furcht oder Widerspruch.                                                       Am Ende will ich nicht dastehen als hätte ich diese Welt und mein Leben nur besucht!

 

 Bei allen Schwierigkeiten und Müdigkeiten (ich heute): Ausatmen, einatmen. Ganz bewusst.                                            JETZT ist die Zeit.

 

9.September 2021

Das offene Gastmahl

 

Und er ging wieder hinaus an das Meer; und alles Volk kam zu ihm, und er lehrte sie. Und als er vorüberging, sah er Levi, den Sohn des Alphäus, am Zoll sitzen und sprach zu ihm: Folge mir nach! Und er stand auf und folgte ihm nach. Und es begab sich, dass er zu Tisch saß in seinem Hause, da setzten sich viele Zöllner und Sünder zu Tisch mit Jesus und seinen Jüngern; denn es waren viele, und sie folgten ihm nach.Und als die Schriftgelehrten unter den Pharisäern sahen, dass er mit den Sündern und Zöllnern aß, sprachen sie zu seinen Jüngern: Mit den Zöllnern und Sündern isst er? Da das Jesus hörte, sprach er zu ihnen: Nicht die Starken bedürfen des Arztes, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder. Mk. 2,13-17

 

Ich schaue zurzeit auf DVD den Film „Neues Evangelium“. Stück für Stück (Schluck für Schluck), weil es so eindrücklich ist. Der Regisseur und politisch engagierte Theatermacher Milo Rau bekommt den Auftrag, im süditalienische Matera einen Jesusfilm zu drehen, in der derselben, antiken Kulisse, in der schon der große Pasolini und Mel Gibson ihre Jesusfilme gedreht haben. Milo Rau stolpert in seiner Recherche zu dem Film darüber, dass Matera, „Kulturhauptstadt 2019“, von großen Flüchtlingslagern „nur so umzingelt ist!“ Er macht die afrikanischen Geflüchteten, die zum Teil unter unmenschlichen Bedingungen als Tagelöhner auf den Ostplantagen arbeiten, zu den Hauptfiguren seines Films. Eindrucksvoll, allein ihre Gesichter! Er gibt ihnen ihre Würde zurück. Und erinnert mich daran, dass auch das Markusevangelium immer auch als ein soziales, politisches Manifest zu lesen ist: als ein Eintreten für "die sozial Benachteiligten, Arme, Arbeitslose, Ausgestoßene, Ausgegrenzte und Geflüchtete". Milo Rau)

 

Eindrücklich eines der ersten, in ihrer archaischen Einfachheit eindrücklichen Bilder.„Folgt mir nach!“ sagt Jesus am süditalienischen Strand zu zwei afrikanischen Geflüchteten.Eine Urszene der Menschheit. Sie sagen sofort ja. Sie haben nicht zu verlieren. Hier kommt einer, der endlich einmal ihre Sache zu ihrer Sache macht.

 

Levi aus dem Markusevangelium ist nicht arm, er ist als Zöllner und Kollaborateur mit der römischen Besatzungsmacht zu Geld gekommen. Aber genau deshalb wird auch er ausgegrenzt. Auch für ihn ist Jesus die Chance, wieder einen Platz in der Gemeinschaft zu finden. Das Gastmahl, zu dem er seine Freunde und Jesus einlädt, ist ein erstes Beispiel für die Tischgemeinschaft, die wohl typischer für die Mission und Lebenspraxis Jesu ist als alles andere: jede und jeden an den gemeinsamen Tisch zu laden.

   

Für den Theologen Jörg Zink ist dieses „Offene Gastmahl“ (Zink) die Essenz unseres Glaubens.  Dieser Geist, findet er, müsste auch in unseren Abendmahlsfeiern zu spüren sein: dass sie einladend sind, das Leben feiern und Grenzen überwinden, indem sie offen sind für alle! So habe ich die Abendmahlspraxis in unseren Gottesdiensten in Jubilate kennen und schätzen gelernt. Wenn ich etwas  davon jetzt in der Zeit der Corona- Beschränkungen besonders vermisse, ist es, mehr als Brot und Traubenkreis, dieser gemeinsame Kreis.

 

8.September 2021

In der Mitte

 

Und es kamen einige, die brachten zu ihm einen Gelähmten, von vieren getragen. Und da sie ihn nicht zu ihm bringen konnten wegen der Menge, deckten sie das Dach auf, wo er war, gruben es auf und ließen das Bett herunter, auf dem der Gelähmte lag.  Da nun Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben. Es saßen da aber einige Schriftgelehrte und dachten in ihren Herzen:  Wie redet der so? Er lästert Gott! Wer kann Sünden vergeben als Gott allein? Und Jesus erkannte alsbald in seinem Geist, dass sie so bei sich selbst dachten, und sprach zu ihnen: Was denkt ihr solches in euren Herzen?  Was ist leichter, zu dem Gelähmten zu sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder zu sagen: Steh auf, nimm dein Bett und geh hin? Damit ihr aber wisst, dass der Menschensohn Vollmacht hat, Sünden zu vergeben auf Erden – sprach er zu dem Gelähmten: Ich sage dir, steh auf, nimm dein Bett und geh heim! Und er stand auf und nahm sogleich sein Bett und ging hinaus vor aller Augen, sodass sie sich alle entsetzten und Gott priesen und sprachen: Wir haben solches noch nie gesehen. M 2, 3-12

 

Die vier Freund*innen lassen den Gelähmten auf seiner Trage vom jetzt offenen Dach vor Jesus nieder. Alle Menschen, die Jesus bedrängen, müssen automatisch zur Seite treten, aus der bisher ungeordneten Menge wird ein Kreis.                Jesus und der Mann am Boden in der Mitte. Auf einmal Aufmerksamkeit, Stille... Von Jesus heißt es in derselben Erzählung im Lukasevangelium (Lk5):Die Kraft Gottes in ihm war darauf ausgerichtet zu heilen. Jetzt hat seine Kraft ein klares Gegenüber!

 

Ich stelle mir vor, wie er dort steht: aufgerichtet zwischen der Erde und dem jetzt(!) über ihm offenen Himmel.

Wann bin ich in meiner Mitte und in meiner gerichteten Kraft? Und was ist dann alles möglich? In meiner Mitte wartet Christus auf mich, die Kraft, für die er steht.

 

Auch der Gelähmte ist jetzt in der Mitte. Manchmal braucht jede und jeder von diese volle Aufmerksamkeit. Vielleicht auch ein Wort der Sündenvergebung und des Segens, um wieder in die eigene Kraft zu kommen. Wissen Sie eigentlich, dass es auch in unserer evangelischen Kirche die Möglichkeit der Beichte gibt? Ohne Beichtstuhl, in einem vertrauensvollen Gegenüber. Die Pastorin/ der Pastor hört. Sie sind mit Ihrer Geschichte ganz in der Mitte. Am Ende steht der Zuspruch der Vergebung Gottes und ein Segen. „Gott macht mir dir einen neuen Anfang!"

 

Am Ende sagt Jesus zu dem Gelähmten: Nimm dein Bett und geh! In der Kinderbibel von Kees de Kort gibt es dazu ein Bild, auf dem der eben noch so am Leben Gehinderte jetzt seine Matte unter dem Arm trägt, befreit und guten Mutes!

 

 

1. September 2021

Getragen werden

 

Und nach etlichen Tagen ging er wieder nach Kapernaum; und es wurde bekannt, dass er im Hause war.                           Und es versammelten sich viele, sodass sie nicht Raum hatten, auch nicht draußen vor der Tür; und er                         sagte ihnen das Wort. Und es kamen einige, die brachten zu ihm einen Gelähmten, von vieren getragen.                            Und da sie ihn nicht zu ihm bringen konnten wegen der Menge, deckten sie das Dach auf, wo er war,                                  gruben es auf und ließen das Bett herunter, auf dem der Gelähmte lag.Mk 2, 1-4

 

Was für eine Szene! Dass muss historisch so gewesen sein, so etwas denkt man sich nicht aus, schreibt                       der französische Schriftsteller Emmanuel Carrère („Reich Gottes“). Menschen, die sich so für einen anderen                  einsetzen, dass sie Jesus – Gott! - dafür buchstäblich  „aufs Dach steigen!“

Ich lese diese Geschichte als ein Lob auf die Freundschaft, auch auf die Phantasie und Freude an mutigen,                     manchmal auch verwegen unkonventionellen Wegen und Lösungen.

Und auf das Zusammen tragen und Getragen werden!

 

Heidemarie Langer erzählt in ihrem wunderbaren Buch „Vielleicht sogar Wunder, Heilungsgeschichten im                Bibliodrama“ von einer Gruppe von Studierenden, die zwei Tage lang in der gemeinsamen Erforschung                                 dieser Geschichte gar nicht genug davon bekommt endlich einmal,ganz leibhaftig, von anderen getragen                         zu werden. "Aufstehen braucht Getragensein. Sich nicht getragen zu wissen - vielleicht ist das schon die Lähmung!"

 

Ich erinnere mich daran, wie ich zusammen mit Renate in diesem Sommer auf dem Elefantenhof im  mecklenburgischen Platschow wieder eine Stunde auf einem Elefanten sitzen und reiten durfte:                                      was für eine elementare Erfahrung von Getragen werden für uns beide!

 

Bei Taufen von kleinen Kindern haben wir manchmal ein weißes Tuch mit Bildern und Symbolen bemalt,                        und so unsere guten Wünsche für den Täufling zusammengetragen. Um dann das Kind in diesem Tuch                      zusammen zu wiegen: Wir werden dieses Kind schon schaukeln!

 

Niemand kann tiefer fallen als in die Hände Gottes - ich will heute darauf achten, dass ich dieses Vertrauen                    möglichst leibhaftig spüre und mich daran freue. Vielleicht fällt mir dann, auch im Kleinen, der eine oder                       andere überraschende Einfall, eine unerwartete Lösung zu!

 

 

25. August 2021

aussätzig - ausgesetzt

 

Und es kam zu ihm ein Aussätziger, der bat ihn, kniete nieder und sprach zu ihm:                                                                        Willst du, so kannst du mich reinigen. Und es jammerte ihn, und er streckte seine Hand aus,                                              rührte ihn an und sprach zu ihm: Ich will's tun; sei rein!                                                                                                                Und alsbald wich der Aussatz von ihm, und er wurde rein.                                                                                                           Und Jesus bedrohte ihn und trieb ihn alsbald von sich und sprach zu ihm:                                                                                    Sieh zu, dass du niemandem etwas sagst; sondern geh hin und zeige dich dem Priester                                                         und opfere für deine Reinigung, was Mose geboten hat, ihnen zum Zeugnis.                                                                             Er aber ging fort und fing an, viel davon zu reden und die Geschichte bekannt zu machen,                                                   sodass Jesus hinfort nicht mehr öffentlich in eine Stadt gehen konnte;                                                                                   sondern er war draußen an einsamen Orten; und sie kamen zu ihm von allen Enden.  Mk 1,40 -45

 

Ich muss an eindrückliche Bilder aus dem Film "Das 1. Evangelium" von Pier Paolo Pasolini denken:                                       ein am ganzen Körper verunstalteter, in Fetzen gehüllter Mann nähert sich Jesus.                                                                 Ein tatsächlich furchterregender Anblick! Wegen der Ansteckungsgefahr muss er wie damals alle Aussätzigen                in Höhlen und Erdlöchern leben, fernab aller Gemeinschaft. Bei der „Gefahr“ möglicher Nähe hat er die anderen             mit Glöckchen und lauten Rufen („Unrein, unrein!“) vor sich selbst warnen!                                                                                 Nicht nur aussätzig - sondern auf schlimmste Weise „ausgesetzt.“

 

Umso - im wahrsten Sinn berührender – ist, was in dieser Heilungsgeschichten geschieht.                                                 Der aussätzig Ausgesetzte wagt den Ausbruch aus allen äußeren und längst inneren Verboten:                                           er wagt Nähe! „Against All Odds“, um ein Lied von Phil Collins zu zitieren. .

Vielleicht erkennt er in dem Gesicht dieses Jesus, dass dies seine letzte und vielleicht einzige Chance ist.                           Könnte es sein, dass bei diesem besonderen Menschen nicht gilt, was die gängigen religiösen                      Reinheitsvorschriften besagen: dass ein von Aussatz befallener Mensch  ein von Gott Gestrafter ist.                                    („Wer so etwas außen hat, bei dem ist etwas faul, der ist auch innen nicht in Ordnung?“)

 

„Willst du, so kannst du mich reinigen! -  Willst du?“

Auch Jesus muss diese Nähe wagen. Was ist, wenn die folgende Wunderheilung nicht gelingen sollte?                            Hat er dann nicht nur alle geltenden religiösen Reinheitsfortschriften gebrochen (das tut er sowieso!),                                sondern womöglich sein eigenes Leben in Gefahr gebracht?

 

Das eigentliche Wunder dieser Geschichte : schon hier!                                                                                                               Der eine, der sich gegen alle Gebote und gegen sein Schicksal auflehnt und sich traut,                                                          und der andere, der sagt: Ich will!  und den Aussätzigen berührt.                                                                                                     In anderen Heilungsgeschichten reicht manchmal ein Wort - hier braucht es zuerst die Berührung,                               bevor der Aussatz verschwinden kann.

 

Mich beeindruckt in dieser Geschichte mehr noch als körperliche Gesundung                                                                          die soziale Komponente  dieser Heilung!  

Ich denke an die Menschen in Afghanistan, die in diesen Tagen auf besondere Weise „ausgesetzt“ sind                            und auf unsere Hilfe und Solidarität angewiesen sind. Soviel berechtige Furcht, so viele Tränen!

Auf der anderen Seite hat wohl jeder Mensch Erfahrungen damit,  sich zu Zeiten "ausgesetzt" zu fühlen.                          Äußerlich nicht dazuzugehören, innerlich zu wissen oder doch zu ahnen, dass es da Bereiche gibt,                                      die man/frau besser nicht von sich zeigt, weil sie nach langläufiger Meinung nicht „rein“ und in Ordnung sind.

 

Das Evangelium, die gute Botschaft dieser Geschichte ist, dass kein Mensch in diesem Sinn vor Gott                                   unrein ist. Gott, wie er sich in Jesus zeigt, ist ein nahbarer Gott, ein Gott, der berühren will.                                                        Was ja, wie es im Wesen von Berührung liegt, bedeutet, selbst auch berührt zu werden,                                                  „angefasst“ von allem, was an Aussetzung und Ausgrenzung um uns herum, leider oft auch durch uns geschieht.  

 

Während der Aussätzige am Ende dieser Geschichte endlich in die Gemeinschaft zurückkehrt -                                               die Aufforderung, seine Heilung erstmal für sich zu behalten, kann er verständlicherweise nicht einhalten -                  muss sich jetzt Jesus  zurückziehen, fast wie in einem Rollenwechsel, als wäre er jetzt der Ausgesetzte.                             Aber in seinem Fall ist es die freigewählte und nur zeitweilige Distanz, um sich und seine Kräfte                                              sich neu zu sammeln.

 

12. August 2021

Ora et labora

 

Am Morgen, noch vor Tage, stand er auf und ging hinaus.                                                                                                              Und er ging an eine einsame Stätte und betete dort.

 

Es gibt im Markusevangelium immer wieder kurze Sätze, hinter denen sich eine Welt verbirgt.                                         Dass sich Jesus immer wieder zurückzieht, um zu beten, wird in aller Schlichtheit berichtet.                                           Dabei wüssten wir darüber gern mehr, ich jedenfalls! Hat er selbst auch das Vaterunser gebetet,                                           in der damaligen Gebetshaltung im Stehen, mit ausgebreiteten Armen?                                                                                     Hat er seine ganz eigenen Meditationen und Techniken gehabt, um sich mit Gott zu verbinden?                                            Hat er mit Gott gesprochen, wie es später die Szene im Garten Gethsemane nahelegt?

 

Von dem sowohl spirituell als auch politisch engagierten katholischen Theologen Johann Baptist Metz                           stammt die vermutlich kürzeste Definition von Religion: „Religion ist Unterbrechung!“                                                            Dem Markusevangelium scheint es wichtiger zu sein, dass diese Unterbrechung stattfindet, als wie sie                      genau aussieht. Da wird jede und jeder ihre/seine eigenen Wege haben und auch immer wieder suchen.

 

Einer meiner spirituellen Lehrer hat mir ans Herz gelegt, jeden Morgen mit einer stillen Zeit zu beginnen,                            in der ich „für die Welt noch unsichtbar bin. Phasenweise gelingt es mir. Dann ertappe ich mich aber doch                        wieder dabei, dass ich schon bei dem ersten Morgenkaffee meine Mails checke. Und kann nicht mehr tun,                     als wieder neu einzusetzen, „ unverdrossen“. So geht üben und das bleibt es ja: eine Übung.

 

Wichtig ist mir, dass schon in diesem ersten Kapitel des Markusevangeliums etwas sichtbar wird,                                   was ich als die Signatur des Christentums erlebe. Am konzentriertesten vielleicht zusammengefasst                                 in der benediktinischen Regel Ora et labora, bete und arbeite.                                                                                                       Dass Beten, wie immer sich dieser innere Seelenraum im eigenen Leben gestaltet, und Engagement                                      für die Welt zusammenhören, gar nicht voneinander zu trennen sind, wird ist für mein Gefühl in keiner                                  Religion so klar begriffen wie im Christentum.                                                                                                                                 Es findet seinen Ausdruck im ganzen Leben und Weg Jesu, wie das Markusevangelium ihn erzählt.                        

 

Widerstand und Ergebung, hat es Dietrich Bonhoeffer genannt, für den es ein Lebenszusammenhang  war,                     als Christ „ gregorianische Choräle zu singen“ und gleichzeitig dem politischen Unrecht „in die Speichen zu greifen.“

Ora et labora – auch in kleiner Münze, beschreibt ganz gut, was in unserer Kirchengemeinde täglich                             geschieht und lebt.

 

Ich habe jetzt erstmal zehn Tage Urlaub an der Nordsee. Das ist eine gute Portion „Ora“, auf die ich mich freue.                  Und dabei auch eine sicher wieder heilsame Erfahrung, wie wichtig dieser Rhythmus im Leben ist:                                         Einatmen und Ausatmen, ora et labora, Ebbe und Flut.                                                                                                                  Ich bin dann mal weg… Und dann auch wieder da!

 

PS. Meine Frau sagt, wenn sie meine Blogs hintereinander liest, wäre ihr das zu viel.                                                            Einzeln gelesen wären sie aber wie "spirituelle Lutschpastillen", mit jeweils eigenem Geschmack                                           und manchmal auch Nachhall. Ich mag das Bild! Wie geht es Ihnen damit?

 

10. August 

Zeichen statt Wunder

 

 Am Abend aber, da die Sonne untergegangen war, brachten sie zu ihm alle Kranken und Besessenen.                                 Und die ganze Stadt war versammelt vor der Tür. Und er heilte viele, die an mancherlei Krankheiten litten,                             und trieb viele Dämonen aus und ließ die Dämonen nicht reden; denn sie kannten ihn.                                                         Und am Morgen, noch vor Tage, stand er auf und ging hinaus. Und er ging an eine einsame Stätte und betete dort.           Und Simon und die bei ihm waren, eilten ihm nach. Und da sie ihn fanden, sprachen sie zu ihm:                                     Jedermann sucht dich. Und er sprach zu ihnen: Lasst uns anderswohin gehen, in die nächsten Orte, dass ich                   auch dort predige; denn dazu bin ich gekommen.                                                                                                                         Und er kam und predigte in ihren Synagogen in ganz Galiläa und trieb die Dämonen aus. (Mk 1,32 - 39)

 

Das Jesus Menschen heilen kann, spricht sich in den Dörfern Galiläas  schnell herum,                                                           so dass er mit dem Heilen kaum hinterherkommt. Jedenfalls braucht Jesus  Zeit und Raum auch                                     für den Rückzug,  die einsame Stätte, um zu beten.  Aber schon drängen ihn die Jünger, in dem Satz:                „Jedermann sucht dich!“ klingt auch ein Vorwurf an:  wie kannst du dich der allgegenwärtigen Not entziehen?

 

Aber einmal andersherum gefragt: Warum heilt Jesus überhaupt Menschen?                                                                         Die erste Antwort ist schlicht und einfach, weil sie ihn anrühren.                                                                                            Mehrfach heißt es im Markusevangelium „es jammerte ihn“.

Andererseits heilt er dann doch immer wieder auch nur Einzelne.

Abgesehen davon, dass Menschen auch nur als Einzelne geheilt werden können,                                                               bleibt es dann doch nur ein Teil seines Wirkens.                                                                                                                             Seine Heilungen haben bei der letztlich dann doch geringen Zahl der Menschen,                                                                     denen sie zugutekommen,  etwas Punktuelles, Beispielhaftes. 

Das Neue Testament redet darum auch nicht von Wundern, sondern von Zeichen.

 

Zeichen wofür? Für seine Vollmacht als Jesus Christus? Letztlich dann doch wieder als Finger,                                         mit dem Jesus auf Gott zeigt. Gerade in diesem Auf Gott zeigen besteht seine Vollmacht.                                                   Gott ist gütig und will, das wir das ganze Leben haben -das ist sein Glaube und seine Botschaft.                                      Weil das oft nur schwer zu glauben ist, wenn es nicht konkret wird und einem Menschen leiblich begegnet,                         unterstreicht Jesus seine Botschaft, indem er konkret und leiblich an und mit Menschen „handelt.“                                    Das gilt besonders, wenn er auf Menschen trifft, die aufgrund ihrer Krankheit in der damaligen Gesellschaft                        ausgegrenzt wurden. Dann kann er gar nicht anders als seine Botschaft von der Nähe Gottes zeichenhaft                  Gestalt werden zu lassen, indem er Menschen vom Rand wieder in die Mitte holt.                                                    

 

Aber das geht auch für ihn nur beispielhaft. Sein eigentlicher Auftrag bleibt seine Botschaft.                                                 Lasst uns anderswohin gehen, in die nächsten Orte, dass ich auch dort predige;                                                                  denn dazu bin ich gekommen!

 Ich finde den Gedanken von der Zeichenhaftigkeit und damit ja auch Vorläufigkeit alles Heilsamen                                   eigentlich ganz hilfreich und tröstlich!  Denn so gilt die Botschaft von der Nähe und Menschenfreundlichkeit                     Gottes auch für uns, die Jesus nicht von allen Gebrechen geheilt hat, die wir mit unserer Heilung immer wieder                   erst am Anfang sind.

Alles kirchliche Handeln geht immer nur zeichenhaft, bleibt darum bruckstückhaft                                                               und kann nicht nur auf Zahlen schielen.

 

When the healing has begun! singt Van Morrisson, einer meiner liebsten Sänger,                                                                     im Hintergrund fiedeln dazu Geigen wie auf einem Dorffest und laden zum Tanz.

 

8. August 2021

Fieber

 

Die Schwiegermutter Simons aber lag darnieder und hatte das Fieber; und alsbald sagten sie Jesus von ihr.                                            Und er trat zu ihr, ergriff sie bei der Hand und richtete sie auf; und das Fieber verließ sie.  (Mk 1,30-31)

 

Ich habe diese kurze, oft wenig beachtete Heilungsgeschichte in unserem Corona-Blog im letzten Jahr meditiert. Gerade, weil sie so knapp erzählt, ist es reizvoll, sie sich in der eigenen Vorstellung auszumalen!                                        Wir sind am See Genezareth. Simon, der spätere Petrus – erst Fischer, dann „Menschenfischer“,                                        ist offenbar verheiratet, sonst hätte er keine Schwiegermutter!                                                                                             Vermutlich lebt sie mit im Haus, wahrscheinlich haben sie auch Kinder.                                                                                  Und nun kommt, Jesus, dieser charismatische Lehrer ins Haus und lädt Simon ein,

sich ihm anzuschließen. „Folge mir nach!“

 

Kein Wunder, denke ich, dass die Schwiegermutter Fieber bekommt!                                                                                          Einerseits wird sie der junge Wanderprediger auch beeindruckt haben –                                                                                aber dass wegen ihm ihr Schwiegersohn seine Familie verlässt auf unbestimmte Zeit!                                                       Was wird aus der kleinen Familie, und was bedeutet es für den Ruf ihrer Tochter                                                                  und ihren eigenen Status in dem kleinen Dorf?                                                                                                                              Was kann, was soll sie, was will sie sagen? Sie ist sprachlos. Es arbeitet in ihr, ihr innerer Prozess                                       und die damit verbundenen Spannungen finden ihren Ausdruck im Fieber!

 

Kann und darf man die Heilungsgeschichten im Markusevangelium so lesen, dass man sich psychologisch                   und psychosomatisch(!) so in sie hinein fantasiert? Nun, ich finde, nur so fangen sie an zu leben                                        und werden mehr  als nur bloße Machterweise Jesu, deren Details sich ändern, aber letztlich unwichtig sind.                       Nur so kann ich eine Geschichte wie diese auch auf mein Leben übertragen.                                                                          Mit meiner Schwiegermutter habe ich es gut! Aber ich habe auch meine eigenen,                                                                   bislang noch unaufgelösten Spannungen und Dilemmas. Und wenn sie durch einen entsprechenden Anlass                  angefacht und „getriggert“ werden, habe ich auch „Fieber“, im übertragenen Sinn!  

                                            

Dann kann ich mich im Sinn dieser Geschichte aus dem Markusevangelium daran erinnern,                                                     dass Fieber erst einmal nichts Schlechtes ist, im Gegenteil:  Ein Weg des Körpers (und der Seele!),                                        sich selbst zu heilen. Die Heilung durch Jesus besteht in dieser Geschichte ja nicht darin, dass Simons  Schwiegermutter gar nicht erst Fieber bekommt! Aber dann nimmt er ihre Hand, eine ganze Zeit,                                   stelle ich mir vor. Vielleicht kühlt er ihr auch den Kopf. Und so überträgt er ihr etwas von seinem Vertrauen                    und seiner Gelassenheit, bis sie sich „anhand“ seines Vertrauens wieder aufrichten kann zurück                                           in ihre eigene Kraft. Zurück in ihre Kraft?                                                                                                                                        Nun, die Geschichte legt nahe, dass sie vielmehr daran gereift und innerlich gewachsen ist.                                          Fieber kann das, erst recht, wenn es in die Nähe der Christuskraft kommt. So dass es jetzt für ihre                                   innere Spannung eine „Lösung“ gibt. Sie lässt ihren Schwiegersohn mit Jesus ziehen.                                                          Mit dem Christus, der auch sie vom Fieber befreit und wieder zu sich selbst geführt hat.

 

5. August

Dämonenaustreibung

 

Und alsbald war in ihrer Synagoge ein Mensch, besessen von einem unreinen Geist; der schrie:                                        Was haben wir mit dir zu schaffen, Jesus von Nazareth? Bist du gekommen, uns zu vernichten?                                       Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes!  Und Jesus bedrohte ihn und sprach: Verstumme und fahre                                  aus von ihm!  Und der unreine Geist riss ihn hin und her und schrie laut und fuhr aus von ihm.                                              Und sie entsetzten sich alle, sodass sie sich untereinander befragten und sprachen: Was ist das?                                   Eine neue Lehre in Vollmacht! Er gebietet auch den unreinen Geistern, und sie gehorchen ihm!                                         Und die Kunde von ihm erscholl alsbald überall in das ganze Land um Galiläa. (Mk.1, 23-28)

 

Die ersten, die erkennen, mit wem sie es bei Christus zu tun haben, sind nicht die Menschen,                                             sondern die „bösen Geister“, die „Dämonen“, wie sie in manchen Übersetzungen auch genannt werden.                           Wir glauben in aller Regel nicht mehr an die Besessenheit von Dämonen und entsprechende Austreibungen.                 Besetzt von „unreinen Geistern“ sind wir trotzdem!

 

Was ist in einem übertragenen, aber eben genauso wirksamen Sinn ein Dämon? Meine erste Antwort dazu ist:                 alles, was dich klein macht und dich hindert, sich aufzurichten zu deiner von Gott gemeinten Größe und Freiheit!               Ich jedenfalls weiß genug über meine eigenen Ängste, längst eingeübte innere Verbiegungen und einengende Glaubenssätze.                                                                                                                                                                            Bemerkenswert und berührend, dass die Dämonen in dieser Geschichte wie selbstverständlich in der Wir–Form sprechen: Es gibt sie nur als Plural der inneren Stimmen, von denen immer eine gerade Sprecher/Sprecherin ist.               Es sind alles fremde, von außen übernommene Stimmen, sei es aus der eigenen Familiengeschichte oder aus                    dem gesellschaftlichen Wertekatalog (du musst, du sollst, du darfst nicht, du kannst nicht).                                                  Sie sprechen in der Wir-Form, weil sie ein freies Ich nicht kennen und ertragen.                                                                            Die Dämonen wollen nicht, dass du Ich sagst! Das kannst du aber – in Gottes Namen!

 

Womit auch die Aufgabe des Gottesdienstes und der Predigt noch einmal inhaltlich deutlich wird.                                      Es geht nicht nur um „gute“ , freundliche Worte, die möglichst niemanden zu nahe treten.                                                     Es geht darum, in dem oben beschriebenem Sinn „Dämonen“ beim Namen zu benennen, persönliche                                  und gesellschaftliche. Viel wichtiger aber noch: uns miteinander an die Freiheit und die offene Zukunft                                zu erinnern und sie uns gegenseitig zuzusprechen. In Jesu Namen!

 

1. August                                                                                                                                                                                              Vollmacht und Schriftgelehrte

 

Und sie gingen hinein nach Kapernaum, und alsbald er am Sabbat ging in die Synagoge und lehrte.                                       Und sie entsetzten sich über seine Lehre denn er lehrte mit Vollmacht und nich wie die Schriftgelehrten.                           Mk 1,21- 22 (Lutherübersetzung) 

 

Jesus erste Predigt! Mit großer Selbstverständlichkeit geht er als jüdischer Gotteslehrer am Sabbat                                       in die Synagoge und legt die vorgeschlagenen Texte aus der Torah aus.                                                                                Über den Inhalt seiner „Predigt“ berichtet Markus nichts.                                                                                                              (Es gab früher das geflügelte Wort, dass eine/einer aus dem Gottesdienst nach Hause kommt und von                          den anderen zuhause  gefragt wird: Was hat der Pastor, die Pastorin gesagt? Und sie/er kann nichts davon                       wiedergeben außer: es hat mir gutgetan! Ist das nun viel oder wenig?                                                                                             Was ist kann mann/frau von einer Predigt erwarten? Vielleicht nicht so viel, wie es Pastor*innen gern hätten. Andererseits gibt es immer wieder Menschen, die nach einem Gottesdienst sagen:                                                             Das (manchmal ein einziges Wort) war für mich!  Dann war es „Gottes Wort!“

 

Von Jesus sagt Markus, er lehrte mit „Vollmacht“, mit deutlicher Abgrenzung zu den „Schriftgelehrten“.                                Es gibt keine Personengruppe,  die in der Bibel so schlecht wegkommt wie die Schriftgelehrten.                                            Dabei ist die Bibel selber eine Schrift!

Trotzdem sieht die Bibel offenbar in Bezug auf die Religion keine größere Gefahr, als dass es bei der                               Schrift bleibt.Ich verstehe das so: Schriftgelehrte Frömmigkeit stellt gern sogenannte „Lehrinhalte“                                        über die persönliche Erfahrung und wird damit leicht abstrakt und blutleer.                                                                      Schriftgelehrte Frömmigkeit stellt oft moralische Normen und Regeln über den über den konkreten Menschen                   und wird damit schnell lieblos und unbarmherzig.                                                                                                              Schriftgelehrte Frömmigkeit steht in Gefahr, das Nachdenken über den Glauben für Glauben selbst zu halten.

 

Und Vollmacht? Es gibt sie nicht ohne die authentische Erfahrung eines einzelnen Menschen.                                             Dass im Fall eines Predigers (wie mir!) meine Worte ganz durch mich hindurchgehen.                                                              Manchmal erlebe ich das, wenn ich predige.                                                                                                                        Wahrscheinlich sollte ich, wie früher schon einmal, wieder freier sprechen, nicht so sehr an meinen vorgefertigten Gedanken kleben und mehr dem vertrauen, was dann, in diesem Augenblick, auch im Raum mit den Hörer*innen entstehen kann und will.

 

Wenn es von der Predigt Jesu heißt, sie hätte seine Hörer*innen „entsetzt“, ist damit sicher noch mehr gemeint,                 als dass er sie innerlich erreicht hat. Er legt die ihnen vertrauten Texte auf ganz neue und sie auch                         beunruhigende Weise aus – auch darin besteht seine Vollmacht!

 

In meiner Vorstellung kommt seine besondere Vollmacht aber daher, dass er in jeder Situation, auch beim                        Auslegen alter Texte, ganz mit der Gegenwart Gottes verbunden ist.                                                                                        Das kann und das will ich von mir nicht sagen. Meine "Vollmacht", wenn ich das Wort denn überhaupt für mich              nehmen kann, ist immer eine abgeleitete Vollmacht. Ich kann nur sagen, was ich von Jesus verstanden habe                     und in diesem Sinne auf ihn zeigen. Das aber so authentisch und ehrlich wie möglich.

 

Was ist für Sie "Vollmacht" und wann erleben Sie einen Menschen so?

 

29. Juli 2021

Der Ruf ins Leben II - Jünger*innen

 

Jesus beruft seine ersten Jünger. Von nun aber werden sie im wie selbstverständlich auf seinem Weg                        durch die Dörfer Galiläas folgen, seine Reden und Geschichten hören, seine Wunder und Heilungen,                                    aber auch die Anfeindungen miterleben. In manchen Gleichnissen und Gesprächen wendet sich Jesus                                 ganz direkt an sie, seinen engeren Kreis.

In den Evangelien werden 12 Jünger namentlich genannt, aber wir können davon ausgehen, dass es mehr                    waren, Jünger und Jüngerinnen ( was für die damalige Zeit bemerkenswert ist).                                                                   Hat Jesus sie auserwählt, und wenn ja, nach welchen Kriterien?                                                                                             Oder hat er viele eingeladen, ihm nachzufolgen, und nur einige sind seinem Ruf gefolgt?

 

In jedem Fall ist festzuhalten, dass Jesus viel Zeit damit verbracht hat, um sich herum einen Kreis von                  Menschen, ja eine Lebensgemeinschaft zu bilden. Vermutlich mehr Zeit als mit Predigen und Heilen.

Auf ihrem gemeinsamen Weg werden sich die Jünger*innen immer wieder als unvollkommen herausstellen.                    Sie verstehen vieles nicht, streiten sich um die Rangfolge, nehmen einerseits den Mund zu voll und dann,                             aber, als es ernst wird, auch schnell  reißaus.

Sie sind darin wie du und ich.

 

Ich habe es immer eine der Stärken des Christentums gefunden, dass darin, wie realistisch und                                      auch kritisch die Jünger*innen Jesu beschrieben werden, die Möglichkeit zur Selbstkritik                                                        ( auch  kirchlicher Verhältnisse!) immer schon in das Evangelium  quasi mit eingebaut ist.

 

Wenn Jesus Menschen um sich sammelt und in seine Weggemeinschaft holt, dann vielleicht auch ,                               weil man/ frau in keiner spirituellen Lehrrede soviel lernen, so geprägt werden kann wie in der                                leibhaftigen Nähe, in der Präsenz einer Person.                                                                                                                                Einfach dabei sein, und zuschauen, etwas davon einatmen, wie jemand anderes etwas macht.                                           So lernen Kinder das Leben, und wir tun es auch.

 

Von wem hast du in dieser Weise viel gelernt und dir etwas Wichtiges abgeschaut?

 

26. Juli

 

 

 

Der Ruf ins Leben

 

Und ich erzähle: Als er am Meer von Galiläa war, sah er Simon mit seinem Bruder Andreas,

die waren Fischer und warfen, in hohen Bögen, ihre Netze ins Meer, und er sagte zu ihnen:

„ Komm! Geht mit mir, ihr sollt Menschenfischer sein!“ Da ließen sie die Netze liegen, die beiden,

und folgten ihm nach, und er ging weiter und sah Jakobus, Zebedäus` Sohn mit seinem Bruder Johannes.

Die standen im Boot und flickten die Netze. Er aber rief sie: „Her zu mir! Kommt!“

Und da ließen sie ihren Vater Zebedäus und die Fischer, die angeheuerten Männer, allein im Boot

und folgten ihm nach. Markus 1,14-20  (W.Jens)

 

Montagmorgen. Gestern ein, bei aller Sommerlichkeit auf dem Kirchhof, intensiver und eindrücklicher

Gottesdienst; die Notlage und die Bilder der Hochwasserkatastrophe wirken nach.

Ob wir gesellschaftlich, aber auch ganz persönlich, daraus die nötigen Konsequenzen zu ziehen,

was unser Verhalten gegenüber unserer „Umwelt“ angeht?

Die doch viel mehr ist als Umwelt – wir sind ein Teil von ihr, „inmitten“, wie Albert Schweitzer sagt,

untrennbar verbunden mit „allem, was lebt.“

 

Die EU-Kommission nennt in ihre europäischen Zielvereinbarung zur angestrebten Klimaneutralität,

die vielen in der Wirtschaft schon zu ehrgeizig ist, einen „Green Deal“.

Aber kann man mit der Natur einen „Deal“ schließen, in dem Sinn von:ein bisschen für dich,

ein bisschen aber auch für weiteres Wirtschaftswachstum und die uns gewohnte Art zu leben?

Ich finde, auch die Gesamtkirche könnte in dieser Frage viel radikaler sein.

Radikal, das heißt übersetzt: an die Wurzel gehend.

 

Der Ruf Jesu in dieser ersten Nachfolgegeschichte im Markusevangelium ist radikal.

Mit unwiderstehlicher Überzeugungskraft und Vollmacht ruft er die einfachen Fischer aus ihren

Lebensumständen heraus, aus allem, was sie bis dahin für vorgegeben und unabänderlich

gehaltenhaben, Beruf und Familie.

Etwas in seiner Gegenwart (oder alles!) lässt sie erfahren, dass jetzt der Zeitpunkt ist,

endlich aufzubrechen in ihr eigentliches Leben, in das, was Leben eigentlich meint.                                                        „Kommt ins Offene!“ (Friedrich Hölderlin).    

 

Was heißt das heute für mich?

Ich habe gleich Termine. Heute, am Montagmorgen, ruft Jesus mich nicht

aus meinem Leben heraus, sondern neu in meine täglichen Aufgaben hinein!

Die Frage, was dabei wirklich wichtig ist, weil es mein Ruf ist,

meine Berufung, will ich dabei nicht aus den Augen verlieren.                                                                                                           „Was ein Mensch ist, ergibst sich aus der Wahrheit, die in ihm liegt und zu der er berufen ist.“

(Eugen Drewermann).

Wozu fühlen sie sich berufen? Heute, und darüber hinaus?

 

In dem wunderbaren Gedicht von Herrmann Hesse Stufen heißt es am Ende nicht nur

„Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!“

sondern auch: „Der Ruf des Lebens an uns wird niemals enden!“

 

 

21. Juli 

Das Gottesreich ist nah!

Und ich erzähle: Als Johannes ausgeliefert war - ins Gefängnis! zum Tod -,

kam Jesus nach Galiläa und verkündete Das Gute Wort, Gottes Botschaft:

"Die Zeit ist erfüllt, die Stunde ist da. Das Reich Gottes ist nah.

Kehrt um und glaubt Gottes Botschaft!"

 

Wenn diese ersten Verse des Markusevangeliums Vorbereitung und Ouvertüre waren,

dann geht es jetzt richtig los! In der Evangeliumsübersetzung von Walter Jens, die mir

die liebste ist, beginnt von jetzt ab jeder weitere Abschnitt mit: Ich erzähle!

Es ist so, als wollte Markus mit diesem Vers sagen: Wenn ihr wissen wollt, wie Jesus die Bühne

seines Wirkens betreten hat und was die Quintessenz seiner Botschaft war – hier habt ihr es!

Tatsächlich finden auch die Bibelforscher*innen: 

Das könnte Jesus tatsächlich genauso gesagt haben: O-Ton Jesus!

 

Das Reich, die Herrschaft, die Welt, der Raum Gottes ist nah!

Wie immer mann/frau es übersetzen will – das Entscheidende ist die Nähe.

Gott wohnt nicht in fernen Himmeln, sondern er ist dir näher, näher als eine Handbreit,

näher als deine Nase, näher als dein eigenes Herz.

Wenn du das wirklich glauben würdest – was würde sich für dich ändern?

 

Als mir dieser Satz das erste Mal bewusst nahegekommen ist, war ich Zivildienstleistender

in Kiel im Krankenhaus. Es war gute, aber harte Arbeit;über meine Arbeit hinaus war in der

mir fremden Stadt oft sehr allein.Ratlos, wie ich jemanden kennenlernen könnte, war ich auch.

Ich erinnere mich, wie ich einmal in den Cafe - Innenhof eines großen Stadtteilzentrums gegangen bin.

Viele Tische, alle unbesetzt.Nur in der Mitte, in ihre Zeitung vertieft, ein Mädchen.

Irgendwie habe ich diesmal, anders als sonst, beschlossen: ich setze mich jetzt einfach an ihren Tisch!

Was kann mir schon passieren!Zuerst hat sie mich gar nicht bemerkt.

Als sie dann von ihrer Zeitung hochschaute, war alles ganz einfach.

Es stellte sich heraus: sie war fremd in Kiel und wenn ich ihr etwasvon der Stadt zeigen möchte,

wäre das ganz wunderbar! Wir haben dann einen guten und entspannten Stadtausflug gemacht.

 

Und ich dachte hinterher: so ist das!

Das Reich Gottes, die gute, so viel bessere Möglichkeit ist ganz nah. 

Du bist nur wie durch eine dünne unsichtbare Glasscheibe davon getrennt.

Was dich in Wahrheit davon trennt, ist nur ein beherzter Schritt, ein Mut, ein einziger,

manchmal sehr kleiner Sprung über den eigenen Schatten.

Das Bild von der dünnen Scheibe, Membran, wie auch immer, begleitet mich immer noch.

Der Augenblick, durch sie hindurchzugehen, ist immer Jetzt.

Wie oft habe ich das schon in meinem Leben verpasst!!

Aber die nächste Gelegenheit ist: Jetzt. Die Stunde ist da.

 

Weißt du wo

der himmel ist

außen oder innen

eine handbreit

rechts und links

du bist mitten drinnen

 

weißt du wo

der himmel ist

nicht so tief verborgen

einen Sprung

aus dir heraus

aus dem haus der sorgen    (Wilhelm Willms)

 

 

20 Juli

In der Wüste II

 

Warum ist Jesus direkt nach seiner Taufe in die Wüste gezogen und was hat er dort getan?

Ich habe mich im Zusammenhang mit den „wilden Tieren“ und der damit verbundenen Lebensaufgabe

der Integration an eine Bibliodrama- Situation erinnert. Studierende wollten diese ganzheitliche Methode

der Bibelauslegung anhand der Geschichte vonJesu Taufe kennenlernen.

 

Die Rollen der Geschichte war schnell verteilt: Johannes der Täufer, das Jordanwasser (Oberflächen -

und Tiefenwasser), heilige Geistkraft.Die Stimme Gottes wollte zum richtigen Zeitpunkt von der

Empore der Johanneskirche Harvestehude rufen: Du bist mein geliebtes Kind!

Es gab Menschen, die wollten Steine spielen (vielleicht würde das ganze ja steinerweichend werden...),

andere wollten einfach Zuschauer sein, das Volk. Aber niemand wollte die Jesusrolle übernehmen.                   

Das ist oft so am Anfang. Mit der Zeit erfährt mann/ frau, dass das gut geht. Auch in dieser Rolle kommt

ja immer nur ein Blickwinkel ans Licht, auch was Jesus angeht. Aber immerhin!

"Gut", habe ich gesagt, " ich spiele Jesus." Da meldet sich eine Frau, die noch keine Rolle übernommen hat,

und sagt spontan: "Dann bin ich deine Sünde!"

Das ist das Spannende an dieser lebendigen Methode der Bibelauslegung:  

es geschieht immer unvorhergesehenes, planbar oder widerholbar ist es nicht.

 

Alle gehen in ihren Rollen in Stellung. Ich mache mich auf dem Weg zum Jordan,

aber ich komme nur langsam voran: die leibhaftige „blonde Sünde“ klammert sich angstvoll

an mein Bein! Der Jordanfluss krempelt sich schon die Ärmel hoch: "Soll sie nur zetern!

Taufe bedeutet, dass die Sünde von Jesus abgetan, das heißt ertränkt gehört!"

Hmm.Mir gefällt das nicht.

Auf einmal, so kommt es mir vor, ist eine ganze christliche Unheilsgeschichte mit im Raum.

Gewalt, Unterdrückung (in diesem Fall unter Wasser)und „dran glauben müssen.“

 

Als ich, besser gesagt wir, am Ort der Taufe ankommen, vorn im Altarraum von St. Johannes,

erkläre ich den verdutzten Fluss - Spieler*innen, dass es diesmal anders laufen wird.

Schließlich spiele ich gerade Jesus und bin in der Rolle der Vollmacht!

Sie dürfen mich, nein uns gerne taufen, was immer das dann heißt.

Aber die Sünde nehme ich mit in die Wüste, ich will sie  dort kennenlernen und schauen,

ob sie nicht doch auch einen guten Ort haben kann in meinem Leben.

Schließlich ist sie jetzt doch auch getauft!

 

Wir hatten in dieser Bibliodrama-Gruppe hinterher einiges zu besprechen und zu erzählen.

An welcher Stelle Jesus über Johannes den Täufer hinausgegangen ist.

Von den alten Drachentöter - Geschichten und ob es nicht bessere, liebevollere und letztlich auch

glücklichere Wege gibt, mit (vermeintlichen!) Drachen umzugehen.

 

19. Juli

 Wüste

 Und alsbald trieb ihn der Geist in die Wüste und er war in der Wüste vierzig Tage und wurde

versucht von dem Satan und war bei den wilden Tieren und die Engel dienten ihm. Mk1,12-13

 

Das Taufwasser ist noch nicht trocken hinter seinen Ohren – da führt „der Geist“ Jesus in die Wüste.

(Noch tiefer in die Wüste hinein, denn die Jordantaufe war auch schon in  Wüstenland).

Wüste - das steht in der Geschichte Israels für Einkehr, ein Zurück zum Anfang und damit auch

für Erneuerung.Gleichzeitig beschreibt es einen Ort und eine Zeit der Prüfung.

Wer bin ich, wenn alle fremden und äußeren Stimmen mit all ihren Normen und Erwartungen

einmal schweigen? Wer bin ich in Wahrheit?

Und bevor ich dann vielleicht und hoffentlich meiner inneren Wahrheit begegne –

welche Stimme melden sich dann in mir?

 

In der ausführlicheren Versuchungserzählung bei Matthäus und Lukas macht der VersucherJesus

drei verführerische Angebote, die es den Menschen geradezu unmöglich machen würden,

ihm nicht zu folgen.Aber Jesus entscheidet sich stattdessen für die freie Entscheidungskraft

der Menschen und damit auch für seine eigene Verwundbarkeit.

Das ist in atemberaubender Dichte erzählt (Matth.4 + Lk.4)

 

Die Markusversion ist dagegen kurz, aber in ihrer Konzentration nicht weniger dicht.

Er war bei den wilden Tieren und die Engel dienten ihm.

Wenn ein Mensch in die Wüste geht oder dorthin geführt wird vom Geist  ( den Zeitpunkt wählt mann/frau

sich ja oft nicht selbst), dann melden sich die inneren „wilden Tiere“:

Sehnsüchte, Verletzungen, innere Triebe und Kräfte, die sich sonst nicht zeigen und die mann/frau auch

nicht haben, vielleicht nicht einmal anschauen möchte. Aber sie sind doch da!

In der Version der Versuchungsgeschichte bei Matthäus und Lukas kann Jesus zu dem Versucher

immerhin sagen: Weiche von mir!

Aber die inneren wilden Tiere können nicht einfach fortgejagt werden.                              

Sie wollen integriert werden, sie wollen auch einen Platz haben in der Seele.

 

Ich stelle mir vor, dass Jesus in seiner Wüstenzeit versucht, herauszufinden, was es heißt,

ein „Menschensohn“ zu sein: Von Gott geliebt - und doch ein Mensch!  

Aber eben auch andersherum: ein Mensch, verwundbar, zu Zeiten auch ausgesetzt -

aber auch von Engeln begleitet. Die Engel dienten ihm.

Die Engel gehen auch unter der Erde - und tragen den Weg.

 

5. Juli

Der offene Himmel  

 

Der offene Himmel, von dem Markus zur Taufe Jesu erzählt, geht mir nach.

Was für ein Bild! Wenn ich für das Markusevangelium eine Überschrift wählen würde,                                                    dann vielleicht dies: Der offene Himmel!

 

Es ist vielleicht auch ein Bild für die Glaubenserfahrung, in der Jesus über seinen Täufer

Johannes hinausgeht, was auch religionsgeschichtlich neu ist –

und für uns Menschen auch immer neu und kaum zu fassen bleibt!

 

 Du musst dich für Gottes Gegenwart nicht bessern, nicht ändern,

(auch wenn unsere Welt dringend Veränderung braucht!).

 Du musst dich im Namen Gottes nicht ausstrecken nach etwas,

was du eh nicht erreichen kannst.Auch und erst Recht nicht

durch Drohung und Angst vor Strafe. (Das ist Johannes ist nicht fremd).

 

Sondern der Gott, den du bewusst oder unbewusst suchst, ist immer schon da!

Gott ist Liebe. Und sein einziges Wort zu dir ist Ja.

Kein jein, kein ja aber, sondern einfach Ja.

Wenn ein Mensch dieses Ja hört ( die Stimme bei der Taufe Jesu: Des ist mein geliebter Sohn!),

dann ist der Himmel offen: Hier und Jetzt.

 

Mir kommt ein Gedicht von Kurt Marti in den Sinn,  auch ein Taufpsalm

ich wurde nicht gefragt                                                                                                                                                                         bei meiner zeugung

und die mich zeugten

wurden auch nicht gefragt

bei ihrer zeugung

niemand wurde gefragt

außer dem Einen

und der sagte

ja!

 

ich wurde nicht gefragt

bei meiner geburt

und die mich gebar

wurde auch nicht gefragt

bei ihrer geburt

niemand wurde gefragt

außer dem Einen

und der sagte

ja !

 

Ich wünsche Ihnen heute einen offenen Himmel

und ein, vielleicht sanftmütiges, aber furchtloses

Ja zu sich selbst und dem, was Ihnen heute begegnen will!

                   

12. Juli

Taufe II

 

Was bedeutet Taufe? Was bedeutet Ihnen Ihre Taufe?

Für die Freizeit der Konfirmand*innen letzte Woche habe ein Blattmit 22 Vorschlägen/Anregungen

zusammengestellt,was Taufe bedeuten kann. Ich habe die Kids eingeladen, für sich drei Antworten

davonauszusuchen, gern nummeriert von eins bis drei.

Was wären Ihre drei Favoriten? Oder haben Sie einen anderen Satz?

 

22 Antworten, was Taufe bedeuten kann

  • Ich weiß, dass ich ein geliebter Mensch bin
  • Ich darf mich zeigen mit meinen Stärken und Schwächen
  • Ich kann neu anfangen
  • Gott hat mir vergeben
  • Ich brauche keine Angst zu haben
  • Die Vergangenheit liegt hinter mir
  • Ich freue mich auf das, was vor mir liegt
  • Ich werde meinen Weg finden
  • Gott wird mich immer begleiten
  • Ich bin wertvoll
  • Ich bin einmalig
  • Ich bin mehr als das, was ich leiste 
  • Ich bin wichtig
  • Ich bin schön, so wie ich bin
  • Mein Leben ist ein Geschenk
  • Leben ist trotz aller Schwierigkeiten wunderschön
  • Niederlagen werfen mich nicht um
  • Ich setze mich für andere Menschen ein
  • Ich versuche, meine Nächsten zu lieben
  • Ich kämpfe gegen Ungerechtigkeit
  • Ich setze mich für den Frieden ein
  • Auch mit dem Tod ist nicht alles aus

 

11.Juli

Taufe

 

Jesus lässt sich von Johannes dem Täufer im Jordan taufen. Eine Szene, die ich mir gern vorzustellen versuche.

Allein schon, wie die beiden sich begegnen.

Erkennt Johannes gleich, das er den Christus vor sich hat, den er schon so lange ersehnt und erwartet hat?

Und wenn er ihn gleich erkennt ( was ich denke): woran erkennt er ihn?

 

Und dann der offene Himmel, die Taube ( oder genauer: Geiskraft, die herabkommt wie eine Taube)

und die Gottesstimme: Du bist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe!

Ist das eine innere Stimme in Jesus oder hören das seine „Taufzeugen“ auch?

 

Für Markus ist dieser offener Himmel das erste Zeugnis dafür, dass Jesus der Christus ist,

eben Gottes „geliebter Sohn“.Aber sind wir nicht alle Gottes Kinder?

Wenn wir in unserer Gemeinde Menschen taufen, ( Hailey amDonnersatg auf der Konfirmand*innenfreizeit

in der uralten Sankt-Martinskirche in Raven, in aller Regel aber in unserer wunderbaren Taufkapelle in Jubilate)

dann nehmen wir alle Täuflinge mit hinein in dieses „ geliebtes Gotteskind“, egal wie alt sie sind.

"Auch über dir und für dich der offene Himmel, immer wieder! 

Geistkraft und eine Gottesstimme, die zu dir spricht: Ich bin bei dir. Fürchte dich nicht!"

 

Haileys Taufe haben wir auf unserer Freizeit gebührend gefeiert, mit einer selbstgestalteten Taufkerze,

einem  von der Gruppe für sie bemalten Tauf-Tshirt und einen eigens für sie gebackenen Taufkuchen.

Für ihre Taufe in der in der nächtlichen Kirche nur durch Kerzen erleuchteten Kirche hat sie sich einen

Taufspruch von Jesaja ausgesucht: Mache dich auf und werde licht!

 

 

9. Juli

Johanneskraft

 

So war Johannes in der Wüste, taufte und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden.

 

Johannes der Täufer war erst kürzlich Thema im Gottesdienst, zum Johannestag (Johanni) am Tag                                der Sommersonnenwende. Ich habe versucht, ihn dabei in der gebotenen Kürze mit wenigen Strichen zu skizzieren. In der Hoffnung, dass in Ihnen dabei vielleicht ein eigenes, inneres Bild entsteht zur Johanneskraft!

 

Die Stimme - was für eine Stimme, die sogar die Wüste füllt!                                                                                                            Eine Stimme, die alles Volk herausruft, heraus aus ihren Komfortzonen zurück in die Wüste, für Israel der Ort                      des Anfangs, der Herausforderung und der Erneuerung.                                                                                                             Dort mutet Johannes ihnen seine Zeitansage zu, der schont sie dabei nicht.                                                                          Kehrt um, tut Buße – in heutiger Sprache und hochaktuell: Ihr müsst euer Leben ändern!                                

Und wenn ihr es damit wirklich ernst meint, dann lasst euch taufen. Ganz untertauchen im Jordanfluss,                         das Alte, Überkommene soll ertrinken, aber ihr sollt neu und gewandelt herauskommen!

 

Johannes erinnert mich an den wilden Mann, wie er in Anlehnung an Märchen wie das vom Eisenhans in der Männerbewegung neu entdeckt worden ist: Ohne eine herausfordernde Kraft, die dich aus dem Alten herausruft, ist ein wirklicher Neunanfang schwer.                                                    

Untertauchen und gewandelt wieder auftauchen. Geht das so, ein Neuanfang?                                                                     Und wenn Sie daran Zweifel haben, was gehört dann dazu, dass ein Mensch auf neue Lebensbahnen kommt?              

 

Johannes verkörpert eine starke Kraft. Gleichzeitig weiß er, dass er dann doch nur der Vorläufer ist.                                 Nach mir wird er einer kommen und ich bin es nicht wert, ihm die Schnürsenkel zu binden.                                                Was für eine Kraft und dabei gleichzeitig welche Demut!

 

8. Juli

Gerade Wege

 

Siehe, ich sende einen Boten vor dir her, der dir den Weg bereiten soll!

 

Der Prophet Jesaja nimmt sich für seine Zukunftserwartung ein im damaligen Orient bekanntes Bild.

Bevor ein König, ein Herrscher (vor allem ein neuer!) die Bühne betritt, schickt er einen Herold,

der ihn ankündigt, ein roter Teppich wird ausgerollt.                                                

Auch wenn Johannes der Täufer diesem Bild äußerlich nicht entspricht, ist er doch auch ein Wegbereiter.

„Bereitet Gott den Weg!“  Vielleicht kennen Sie diese Verse auch in der Vertonung aus Händels Messias

oder anderer Adventsmusik.

Eine wirkliche Advents- und Geburtsgeschichte wie wir sie aus dem Lukasevangelium kennen, gibt es

bei Markus nicht. Bei ihm betritt Jesus als Erwachsener die Bühne. Aber er wird hier in diesen wenigen

Versen dennoch eindrucksvoll angekündigt!

 

Es ist die Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht seine Wege gerade!

 

Mich hat dieser Vers persönlich immer besonders angesprochen.                       

Bote, der Überbringer – na klar, das ist mein Nachname.                                         

Und „gerade“ – das ist nur ein bisschen anders gewürfelt mein Vorname.

Gehört es auch zu meiner Lebensaufgabe, immer mehr „ gerade“ zu werden?

Sie sehen: manchmal geht Bibelauslegung ganz persönliche und unwissenschaftliche Wege!

 

7. Juli 

Jesaja

 

Wie es geschrieben steht beim Propheten Jesaja.Ich mag schon das Wort: „Jesaja!“

Die offenen Vokale, und, wenn man will, zweimal ja, auf englisch und auf deutsch.

Jesaja heißt übersetzt: die Hilfe kommt von Gott.

Die Bibelwissenschaft unterscheidet im Prophetenbuch Jesaja drei unterschiedliche Verfasser.

Deutero-Jesaja, der zweite, ist derjenige voller Wärme, Zuversicht und Trost.

Schauen Sie doch mal hinein!  (Jesaja 40-55)

Wenn Sie eine Bibel haben, in der die besten Stellen fett gedruckt sind, werden Sie hier schöne finden.

Zum Beispiel: Jes 43,1: Fürchte dich nicht, ich habe dich bei deinem Namen gerufen.                          

Oder Jes 43,19: Siehe, ich will etwas Neues schaffen und erscheinen lassen, siehst du es schon?

(Thema Anfang!)

 

Mit seinem Hinweis auf Jesaja sagt Markus, dass Jesus Christus, seine gute Nachricht,

eine Vorgeschichte hat. Vorausgegangene Menschen wie Jesaja, die einen wie ihn vorgedacht

und dann auch sehnlich erwartet haben. In dieser Hinsicht gilt für Jesus, was für uns alle gilt.

Wir wären nicht das, was wir sind, ohne unsere Vorgänger*Innen.

In unserem Hausflur steht eine kleine Holzskulptur aus Afrika, die darstellt, wie immer eine

Generation auf den Schultern der vorherigen steht: ein sogenannter „Generationenbaum.“

 

Wenn Sie an Ihre Eltern, Großeltern oder sonst an Menschen denken, denen Sie viel verdanken:

auf welchen Schultern stehen Sie?                                

Und gibt es darunter Menschen, die für Sie, wenigstens in einigen wichtigen Aspekten,

so hilfreich und wohlklingend waren wie „Jesaja“?

Merke: auch auf diese Weise vererbte Aufgaben und Herausforderungen können Geschenke sein!

 

6. Juli

Jesus Christus

 

Das dritte große Wort, schon im ersten Vers des Markusevangeliums, ist Jesus Christus. Kein Eigenname, sondern gleich ein Versuch, sein Geheimnis zu beschreiben:Jesus von Nazareth, von dem im Folgenden erzählt werden soll, ist der Christus!

 

Auch in diesem Fall sind mir, gerade zu Beginn(!), die Fragen lieber als die schnellen, „frommen“ Antworten,                      wie das zu verstehen ist.  Wir werden sehen, dass das Christussein von Jesus auch im Markusevangelium                       eine Frage bleibt und für lange Zeit im Verborgenen.

 

Andererseits ist die Frage, was Christus heißt, für das Christentum von zentraler Bedeutung.                                              Ein anthroposophischer Gesprächspartner hat mich vor kurzem darauf aufmerksam gemacht,                                              mit wieviel Liebe wir als Evangelische oft die Geschichten von Jesus erzählen, aber um sein zentrales Christusgeheimnis einen Bogen machen!                                                                                                                                              „Gottheit und Menschheit vereinen sich beide“, heißt es in einem Kichenlied über Jesus Christus. Aber was heißt das, für ihn und für uns? Die Frage wird uns beim Gang durch das Markusevangelium begleiten.

 

Kennen Sie die herrliche ScienceFiction - Parodie „Per Anhalter durch die Galaxis?“ Dort wird erzählt,                                 wie die Menschheit einen gigantischen Computer mit der Frage beauftragt, was der Sinn des Lebens ist.                        Als der Computer nach vielen Generationen endlich das Ergebnis ausspuckt, ist die Erregung und Erwartung hoch. Umso größer die Enttäuschung, auf dem finalen Ausdruck steht nur eine Zahl: 42!                                                                Nun werden die Menschen einen noch größeren Computer bauen müssen, um herauszufinden, worauf 42 jetzt eigentlich die Antwort ist.  Was genau war eigentlich die Frage?

 

Das Markusevangelium nennt auf die Frage nach dem Sinn des Lebens  ( nennen wir es ruhig  mal so) keine Zahl,            keine Wissenschaft, auch keine Theorie. Sondern es verweist auf eine menschliche Gestalt und ein gelebtes Leben!         Der Sinn des Lebens kann sich in einem menschlichen Leben zeigen und verwirklichen.                                                     Das, finde ich, ist schon mal eine gute Nachricht!

 

5. Juli

Evangelium

 

Das zweite große Wort im ersten Vers des Markusevangeliums heißt Evangelium – gute Nachricht!

 Am Morgen ist der Himmel regenverhangen und ich bin es auch noch.

Eine gute Nachricht wäre jetzt fein!

(Immer noch öffne ich den Briefkasten mit einer positiven Erwartung, obwohl dort meistens nur

Rechnungen kommen und insofern keine Nachricht die beste Nachricht ist..)

 Muss die gute Nachricht eigentlich immer von außen kommen?                               

Oder auch aus meinem Innenraum, dem inneren „Bothen“(!) sozusagen?

 

Natürlich habe ich Bilder und Glaubensvorstellungen davon, was „Evangelium“ bedeuten kann:

du bist geliebt, so wie du bist und  – nein, an dieser Stelle keine Aufreihung!

Erstens ist es doch viel besser, Sie nehmen Ihre eigenen, ersten Antworten wahr.

Zweitens sind manche unserer tradierten Sätze vielleicht auch schon längst schon etwas „ausgefranst.“

Heute Morgen hätte ich das Evangelium jedenfalls gern konkreter! 

 

Und ich werde fündig. Die Freundlichkeit des Wassers unter der Dusche  

( und damit auch die Erinnerung an das Tauchen gestern im Reinbeker Tonteich).

Die ersten Kontakte, am Telefon und leibhaftig, freundlich und vertrauenswürdig.

Die ersten Dinge fügen sich und der Himmel klart auch auf.

 

Vertrauenswürdig – das ist überhaupt ein gutes Hinweiswort für „gute Nachrichten.“  

Auf jeden Fall bin ich jetzt schon einen halben Tag mit dem Suchwort „Evangelium“

unterwegs und es tut mir gut! Ich will heute weiter darauf „herumkauen“, was übrigens

eine alte, bewährte Methode der Bibelaneignung ist.

 

Und dann bin ich gespannt, was das Markusevangelium für eine Antwort darauf hat,

was Evangelium bedeutet. Vielleicht sind es ja auch mehrere Antworten, je nach Mensch,

Situation und Frage!

Evangelium - für Markus ist es wohl Überschrift, Zusammenfassung und Appetizer zugleich!

 

Evangelium und Anfang: beides ist wie ein Versprechen und eine Verheißung.

Das kann gar nicht anders sein. Zu einem wirklichen Anfangen reichen Unheilbotschaften nicht aus.

Etwas Gutes, Zukunftsweisendes und dann auch Tragfähiges kannst du nur anfangen, wenn du mit

dem guten, dem warmen und hellen Strom deines Lebens in Berührung kommst.

 

3. Juli 2021

Anfang des Evangeliums von Jesus Christus (Mk 1,1)

 

Anfang!  Was für ein starkes und richtiges (!) Wort als erstes Wort des Markusevangeliums!

Heute bin ich früh aufgestanden, einmal barfuß durch den noch taufeuchten Garten,

der Himmel nach den letzten Regentagen ist wieder blau. Ich summe das Morgenlied nach

der Melodie von Morning Is Broken und lasse diese Anfangskraft in mich hinein:

Morgenlicht leuchtet, rein wie am Anfang, Frühlied der Amsel, Schöpferlob klingt!

 

Manchmal ist es leicht, dabei gilt es eigentlich für jede Tageszeit und jedes Wetter:

du kannst etwas neu anfangen, immer!  Und Gott will etwas mit dir anfangen!

Das kann etwas tatsächlich Neues sein. Oder aber auch, dass ich einen Faden wieder

aufnehme und mit einem neuen Impuls wieder einsetze.

So wie ich bei einer Meditation nach einem inneren Abschweifen mich wieder neu sammle.

Immer wieder neu, „ unverdrossen“, hat meine Gesangslehrerin gern gesagt. 

 

Mit dem ersten Wort Anfang nimmt das Markusevangelium das erste Wort der

Schöpfungsgeschichte auf, als wollte es sagen: Mit dem, was jetzt folgt, setzt auch Gottes

Schöpfungshandeln neu ein.

Evangelium von Jesus Christus – das heißt auch: Schöpfung ist immer.

Gott macht in deinem Leben einen neuen Anfang.

 

Aus dem Zen- Buddhismus borge ich mir das Wort „Anfängergeist“.                                                                                           Blas – und sei es nur für einen Augenblick – den Staub von den Dingen, der sich angesammelt

hat auf allem, so dass du – und sei es nur für einen Augenblick – neu hinschauen kannst,

wie am Anfang, wie ein Kind!

So will ich auch auf das Markusevangelium schauen – und den heutigen Tag.

Anfang! – was für ein starker Beginn!